das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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DAS ARGUMENT 146/1984<br />
555<br />
Brita Rang<br />
Sind Matriarchatskonzepte faschistisch?<br />
Zu Jost Hermand<br />
»Wir brauchen nicht anzunehmen, die Ansprache ans<br />
Gefühl sei charakteristisch für jene, die in Richtung<br />
Faschismus streben, während sich die demokratische<br />
Propaganda auf Vernunft und Beherrschtheit zu begrenzen<br />
hat. Wenn Angst und Destruktivität die wichtigsten<br />
emotionalen Quellen des Faschismus sind, gehört<br />
Eros hauptsächlich zur Demokratie.«<br />
(Adorno u.a. 1950, 976)<br />
Wer heute über die geschichtliche Wirkung und faschistische Nutzung von Matriarchatskonzepten<br />
schreibt, beschäftigt sich nicht einfach mit Vergangenem.<br />
Das Wiederaufleben mutterrechtlicher Vorstellungen in der gegenwärtigen<br />
Frauenbewegung, ja auch der Nachdruck eines der von Hermand als typisch<br />
für den neo konservativen Irrationalismus am Ende der Weimarer Republik beschriebenen<br />
Bücher (Sir Galahad, Mütter und Amazonen, München 1975)<br />
drängen gleichsam dazu, vergangene Diskussionen im Lichte der heutigen Erfordernisse<br />
zu sichten. Gibt Hermands Artikel über »Faschistische Matriarchatskonzepte«<br />
(in diesem Heft) dafür einen überzeugenden Leitfaden?<br />
Seine Kritik zumindest scheint unmißverständlich eindeutig: Für ihn eignet<br />
sich <strong>das</strong> »Konzept des Matriarchats« bedauerlicherweise - eben deshalb griffen<br />
die Faschisten es seiner Ansicht nach auf - »besonders gut, jede aufklärerische<br />
Hoffnung im Sinne eines möglichen Fortschritts in der Geschichte radikal<br />
in Frage zu stellen.« (541) Die politische Folgerung für die gegenwärtige<br />
Diskussion in der Frauenbewegung hieße demnach: Stellt euch dieser Art mutterrechtlicher<br />
Gegenaufklärung entgegen, entlarvt sie, damit ihr wahres Gesicht<br />
für alle sichtbar wird, und klärt so die mit Matriarchatsproblemen beschäftigten<br />
Frauen über ihre latent oder manifest dem Faschismus in die Hände<br />
(oder Ideologie) arbeitenden Hoffnungen auf.<br />
Doch ganz so einfach liegen offensichtlich die Dinge nicht. Nicht nur deshalb,<br />
weil man mit dieser Art der Aufklärung die Angesprochenen nur selten<br />
erreicht. Es bleibt vor allem <strong>das</strong> für Sozialistinnen irritierende Problem, daß<br />
viele Frauen mit den von Hermand kritisierten Matriarchatsvorstellungen die<br />
Hoffnung auf positive Veränderung verbinden. Veränderung nämlich in Richtung<br />
auf Verbesserung der Frauensache. Das aber ist zunächst kein Wunsch,<br />
der rückwärts weist, vor dem Sozialisten sich fürchten, den sie zurückweisen<br />
müßten. Und eben dies haben Sozialisten ja auch in der Vergangenheit gar<br />
nicht immer getan. Ich sehe hier von den bei den bekanntesten, heute auch von<br />
Frauen diskutierten Protagonisten Engels und Bebel ab, greife vielmehr zurück<br />
auf Walter Benjamin und Erich Fromm, und zwar auf die von ihnen 1934<br />
veröffentlichten Beiträge »Johann Jakob Bachofen« und »Die sozialpsychol0-<br />
gische Bedeutung der Mutterrechtstheorie«. Dies scheint mir für <strong>das</strong> Umgehen<br />
mit Herrnands Analyse insofern hilfreich, weil bei beiden die faschistische In-