das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Soziologie 641<br />
ergänzt durch solche, die <strong>das</strong> interne Milieu der Truppe bzw. von Teilen derselben auf<br />
dort existierende Moralen, Ideologien und eventuelles Protestpotential gegen <strong>das</strong> Militär<br />
zu durchleuchten versuchen. Lipperts Studie, die vor dem Hintergrund zum Beispiel sich<br />
abzeichnender Rekrutierungsprobleme der Bundeswehr (ausgehend von theoretischen<br />
Annahmen Piagets und Kohlbergs) nach den Motiven für die Ableistung bzw. Ablehnung<br />
des Wehrdienstes fragt, verfolgt <strong>das</strong> Ziel, über Hinweise zur richtigen Handhabung<br />
der soldatischen Manpower zur Bewältigung des »Problem(s) der EffIzienz« (168)<br />
beizutragen und Anhaltspunkte zur BeWältigung der noch bestehenden Hemmungen gegenüber<br />
einer »Konvergenz von Militär und Gesellschaft« (168) zu geben. Die Schwierigkeiten,<br />
diese Konvergenz von militärischen und zivilen Normen und Werten in der<br />
Konzeption der sogenannten »Inneren Führung« zu realisieren, belegt die Studie von<br />
Senger/Wakenhut: Sie stellen deutlich heraus, daß insbesondere Wehrpflichtige vielfache<br />
Veranlassung haben, »militärische und nicht-militärische Lebensbereiche getrennt<br />
wahrzunehmen und nach unterschiedlichen moralischen Kriterien zu bewerten« (180).<br />
Wenngleich die »innere Führung« und der »Staatsbürger in Uniform« angesichts des<br />
von den Verfassern diagnostizierten Auseinanderklaffens von ziviler und militärischer<br />
Moral eine Utopie darstellen, so wird diese gleichwohl weiterhin als Ideologie zur Verwendung<br />
anempfohlen, da sie »sinnvoll und unverziehtbar« (180) sei zur »Kommunikation<br />
über die Unverträglichkeiten zwischen demokratischen Idealen und militärischem<br />
Alltag« (180).<br />
Die Spannweite der militärspezifischen Problemlösungsperspektiven bei der Integration<br />
von Militär und Gesellschaft angesichts des wachsenden Legitimationsdrucks, dem<br />
verschiedene nationale Streitkräfte innerhalb des NATO-Bündnisses unterliegen, wird in<br />
den Beiträgen von Alvira und Moscos deutlich. Während Alviras Studie zur Rekrutierung<br />
des spanischen OffIzierskorps die extrem konservative bis reaktionäre politische<br />
und gesellschaftliche Orientierung des durch eine hohe Selbstrekrutierung charakterisierten<br />
spanischen OffIzierskorps eindringlich belegt, diskutiert Moscos die Frage, welche<br />
sozialisatorischen Konsequenzen und organisatorischen Maßnahmen für <strong>das</strong> Management<br />
der US-Army aus der Tatsache abzuleiten sind, daß eine steigende Anzahl von Soldaten<br />
ihre Tätigkeit eher als Berufstätigkeit oder Job (occupation) denn als »Berufung«<br />
(institution) versteht.<br />
Dieser informative Sammelband zeigt, daß der »militärischen« Militärsoziologie entschieden<br />
mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht werden sollte als in der Vergangenheit.<br />
Schließlich ist sie eine der wenigen »praktischen« Soziologien.<br />
Rolf Schellhase (Münster)<br />
Held, Karl, und Theo Ebel: Krieg und Frieden. Politische Ökonomie des Weltfriedens.<br />
Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1983 (325 S., br., 16,- DM)<br />
Die Autoren legen eine umfassende Studie zur gegenWärtigen Weltlage vor. Ausgangspunkt<br />
ist eine Polemik gegen <strong>das</strong> in der hiesigen Öffentlichkeit verankerte »Sachzwang«<br />
Argument, welches westlichen Politikern bescheinigt, ihre Entscheidungen gälten der<br />
»Lösung« von »Problemen«, die ohne ihr Zutun entstanden seien. Im Gegensatz dazu<br />
gehen Held und Ebel, bisher bekannt als Autoren der Reihe »Abweichende Meinungen«<br />
des Münchner Resultateverlags, den politischen und ökonomischen Interessen nach, die<br />
eine Zuständigkeit der NATO »für die ganze Welt« (Haig) begründen. Wenn es dabei<br />
ständig zu Kriegen kommt, obwohl jedermann den Krieg »bannen möchte«, dann müssen,<br />
folgern die Autoren, im aktuellen Frieden die Gründe für den Krieg gelegt werden.<br />
Schlüsselbegriff ihrer Analyse der kriegsträchtigen »Politischen Ökonomie des Weltfriedens«<br />
ist der Staatsmaterialismus der westlichen Demokratien. Wer bislang zur Erklärung<br />
moderner Kriege vergeblich nach einer Rechnung suchte, bei der eine eingesetzte<br />
Summe auf ihren Überschuß hin befragt wird, und kopfschüttelnd die »Sinnlosigkeit«<br />
DAS ARGUMENT 146/1984 ©