das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Ökologische Wirtschaft - <strong>Theorie</strong>n und Strategien 589<br />
schaft nicht mehr aufrechtzuerhalten: Die Aufgabe, <strong>das</strong> ökonomische System<br />
abzubauen, ergibt sich aus der Notwendigkeit, seinem Zusammenbruch zu<br />
entgehen« (Jaeger 1981).<br />
11. Ökologische Marktwirtschaft?<br />
Mehr als zwanzig Jahre vor dem Bericht des Club of Rome beschreibt Kapp<br />
den Zusammenhang von Umweltzerstörung und Wirtschaftssystem (Kapp<br />
1950/1979). Seine Analyse der »Sozialkosten«, die den Begriff weit, bis in die<br />
»Pathologie des Alltagslebens« hinein, ansetzt, ist in ihrem Problembewußtsein<br />
unüberholt. Kapp ist der Ansicht, »daß der Markt als institutionalisiertes<br />
Entscheidungssystem eine inhärente Tendenz hat, jene negativen Effekte auf<br />
die Umwelt nicht zu berücksichtigen, die »außerhalb« der die Entscheidungseinheit<br />
selbst betreffenden Wirkungen liegen« (Kapp 1979, XIIIf.) Mit der<br />
Verankerung der drohenden Umweltzerstörung im öffentlichen Bewußtsein<br />
entstand ab Mitte der siebziger Jahre eine von der Wachstumsproblematik abgekoppelte<br />
Kontroverse, ob kapitalistisch organisierte Marktwirtschaften in<br />
der Lage seien, sich langfristig überlebensfähig innerhalb der sie umgebenden<br />
Natur zu organisieren. Wieder lassen sich drei Positionen abgrenzen: (1) Reformvorschläge,<br />
die auf eine ModifIzierung des bestehenden Systems abzielen,<br />
ohne den Industriekapitalismus als solchen in Frage zu stellen; (2) dualwirtschaftliche<br />
Strategien, die eine allmähliche Transformation des ökonomischen<br />
Systems durch den Aufbau eines zweiten Wirtschaftssektors anstreben, der<br />
von alternativen Formen der Produktion bestimmt und mit dem traditionellen<br />
Sektor durch Austauschverhältnisse verzahnt ist; (3) an der Umweltproblematik<br />
aktualisierte sozialistische Positionen, die nur eine Umgestaltung des ganzen<br />
Wirtschaftssystems als Mittel sehen, den Zusammenhang von Leben, Arbeit<br />
und Natur langfristig zu humanisieren.<br />
1. Markt und Umweltschutz. Basis aller konsequent marktorientierten Konzepte<br />
ist der in der herrschenden bürgerlichen Wirtschaftstheorie, der Neoklassik,<br />
entwickelte Begriff der »externen Kosten«: » ... sie bestehen in einem<br />
durch die Existenz anderer Wirtschaftseinheiten entstandenen Nachteil, dessen<br />
Ausgleich finanzielle Aufwendungen erfordert« (Schumann 1980, 154). Dementsprechend<br />
ist die »Optimalität« des Marktergebnisses beeinträchtigt, wenn<br />
ein Heizwerk die Luft verpestet, ohne einen Pfennig für die Inanspruchnahme<br />
des »freien Gutes« saubere Luft zu zahlen. Die radikale Marktlösung besteht<br />
in der Vermarktung der »Eigentumsrechte« am freien Gut Umwelt: An regionalen<br />
Umweltbörsen gehandelte EmissionszertifIkate geben dann die Knappheitspreise<br />
der Emissionsrechte (= Verschmutzungsrechte) in Form von Börsenkursen<br />
wieder (Bonus 1981); Produzenten kaufen die Umwelt an wie andere<br />
Rohstoffe. Etwas weniger haarsträubend sind die auf dem »Verursacherprinzip«<br />
aufbauenden Konzepte, weil zumindest die absolute Notwendigkeit<br />
der Schadensbeseitigung mitgedacht ist. Verursacherprinzip heißt, daß die entstehenden<br />
externen Kosten durch Gebühren »internalisiert« werden sollen: Die<br />
Unternehmen entrichten für die von ihnen verursachte Umweltverschmutzung<br />
einen Geldbetrag, der die Kosten der Schadensbeseitigung decken soll (Bullinger<br />
u.a. 1974). Umweltbelastende Produktion wäre so mit erheblichen Zusatz-<br />
DAS ARGUMENT 146/1984 es