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Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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dem was die Lebensphase zwischen 15 und 20<br />

interessant macht, überbrücken lässt.<br />

Zur Geschichte des Protests<br />

In seinem einführenden Beitrag arbeitete Roland<br />

Roth von der Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

zunächst heraus, dass Protest als ein universelles<br />

gesellschaftliches Phänomen verstanden<br />

werden kann. Protest werde es geben, solange<br />

es herrschaftliche Verhältnisse gibt. Im Protest<br />

mit seinen lauten, direkten oder seinen leisen<br />

und indirekten Formen drücke sich das Nicht-<br />

Einverstanden-sein mit den jeweils herrschenden<br />

Verhältnissen und Lebensbedingungen aus.<br />

Die vielfältigen sublimen Formen des Protests<br />

könnten mit dem Konzept der ‚hidden transcripts‘<br />

verstanden werden. Dabei gehe es darum,<br />

die heimlichen Botschaften im Handeln<br />

der Subjekte zu dechiffrieren. Bei der Frage nach<br />

Protest in verschiedenen gesellschaftlichen Systemen<br />

müssten die jeweiligen Rahmenbedingungen<br />

berücksichtigt werden, die unterschiedliche<br />

Gelegenheitsstrukturen für persönliches Handeln<br />

schaffen.<br />

Als eine Quelle des Protests bewertete Roth<br />

das Hineinwachsen Jugendlicher in die Gesellschaft.<br />

In diesem Prozess stellen die Heranwachsenden<br />

die vorfindbaren Werte, Normen, Strukturen<br />

auf den Prüfstand. Jugendliche fragen<br />

nach dem angemessenen Lebensstil, Ansprüche<br />

und Realität werden miteinander verglichen,<br />

Alternativen zum Bestehenden und Entwürfe<br />

des eigenen Lebens werden angedacht. Dies ist<br />

eine Erklärung, weshalb der Protest überwiegend<br />

ein junges Gesicht hat und vor allem Jugendliche<br />

Träger von Protestbewegungen sind.<br />

Im Protest wird die Gesellschaft als gestaltbar<br />

erlebt, Alternativen sind denkbar. Roth wies<br />

darauf hin, dass gegenwärtig gesellschaftliche<br />

Veränderungen kaum noch als radikale Alternativen<br />

gedacht werden, sondern eher als Effekt<br />

einer Vielzahl kleiner Projekte zu unterschiedlichen<br />

Bereichen des Lebens. In dieser Konstellation<br />

ist ein interessantes Zusammenspiel von<br />

<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 4/2007<br />

macht- und kulturorientierten Formen des Protests<br />

zu beobachten.<br />

Während es in der Geschichte der Protestbewegungen<br />

in der alten Bundesrepublik zu einer<br />

Normalisierung mit einer eigenen Infrastruktur<br />

(Projekte, Verlage, Alternativökonomie<br />

usw.) gekommen sei, erfolgte Protest in der<br />

DDR in einer völlig anderen Situation. In einer<br />

Diktatur wird Protest mit dem Makel des Aufständischen<br />

assoziiert, während er in einer liberalen<br />

demokratischen Gesellschaft als zwar unbequemes,<br />

jedoch legitimes Mittel zum Ausdruck<br />

eigener Interessen betrachtet wird.<br />

Die Themen des Protests in den 1970er Jahren<br />

beziehen sich auf die Schwerpunkte Demokratie<br />

und Arbeit. Nach der Vereinigung stehen<br />

Demokratie, Minderheiten/Ethnien, <strong>Soziale</strong>s,<br />

Arbeit und Ökologie auf der Tagesordnung. Zum<br />

Schluss seines Beitrags verwies Roth darauf,<br />

dass es in der Geschichte der Protestbewegungen<br />

in den beiden deutschen Staaten noch viele<br />

nicht-bearbeitete Kapitel gibt. So seien bislang<br />

die Versuche der feindlichen Brüder wechselseitig<br />

auf die jeweiligen Protestbewegungen<br />

Einfluss zu nehmen und den Protest im Interesse<br />

der eigenen Politik zu instrumentalisieren,<br />

noch nicht hinreichend erforscht.<br />

Klaus Farin vom Archiv der Jugendkulturen<br />

in Berlin bezweifelte, ob Jugendkulturen<br />

grundsätzlich als Teil einer Protestbewegung<br />

betrachtet werden können. Jugendkulturen sind<br />

nach Farin vor allem als Beziehungsnetzwerke<br />

zu verstehen und dienen der Abgrenzung gegenüber<br />

der Welt der Erwachsenen. Nach seiner<br />

Einschätzung bewegen sich ca. 20% der<br />

Jugendlichen in den verschiedenen Szenen. In<br />

den Jugendkulturen geht es primär um die Jugendlichen<br />

selbst, um Aktivitäten im Kontext<br />

ihrer Lebenswelt. Jugendkulturen habe ihre eigene<br />

Geschichte. Diese Geschichte(n) wecken<br />

die Neugierde Jugendlicher. Auch deshalb werden<br />

in der Beschäftigung mit Jugendkulturen<br />

historische Fragen virulent. Als besonders hilfreich<br />

erweist sich nach den Erfahrungen von

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