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<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 4/2007<br />

Konrad Schacht<br />

Im Abseits<br />

Was die SPD aus Frankfurt lernen könnte<br />

1 Lernpathologien der SPD<br />

Parteien lernen normalerweise aus Wahlniederlagen.<br />

Zu den Besonderheiten der Ära Schröder<br />

gehörte, dass die SPD aus den katastrophalen<br />

Niederlagen bei Landtags- und Kommunalwahlen<br />

nicht lernte, sondern aus einem schwer nachvollziehbaren<br />

Loyalitätsheroismus heraus an<br />

Kanzler und Politik festhielt. Auch nach der<br />

Bundestagswahl, deren Ergebnis das Scheitern<br />

Schröders bestätigte, hielt die SPD am Kurs<br />

ihres Altkanzlers fest. Technokratische Kompetenzen<br />

wie sie z.B. Frank-Walter Steinmeier und<br />

Peer Steinbrück ohne Frage besitzen, schienen<br />

in der SPD mehr zu zählen als die eigentlich<br />

politische Fähigkeit, Ängste und Hoffnungen<br />

in der Bevölkerung aufzugreifen und in Politik<br />

umzusetzen, die dann auch Mobilisierungskraft<br />

bei Wahlen hat. Erst die auf dem Hamburger<br />

Parteitag im Oktober 2007 von Kurt Beck<br />

durchgesetzte Kurskorrektur hin zu mehr sozialer<br />

Gerechtigkeit in der SPD-Politik könnte<br />

die Lernpathologien beenden, die die SPD zu<br />

zerstören drohen.<br />

Aus der politischen Entwicklung in Frankfurt<br />

am Main könnte die SPD lernen, wie eine<br />

ehemals große politische Kraft ins Abseits geraten<br />

kann. In dieser modernen Metropole mit<br />

einem stark pluralisierten Parteiensystem zeigten<br />

sich sehr früh die Folgen von Fehleinschätzungen,<br />

Ängsten und Borniertheiten in der dortigen<br />

SPD, die auch der Gesamtpartei SPD den<br />

Weg in eine quantitativ reduzierte Oppositionsrolle<br />

nach der nächsten Bundestagswahl bereiten<br />

könnten. Fehler bei der Führungsauslese,<br />

unpolitische Kooperation in einer Allparteienregierung<br />

unter einer populären Chefin, Tabuisierung<br />

neuer Koalitionen und Kooperationen<br />

47<br />

sind nur einige der Stichworte, die es erlauben,<br />

hier Parallelen zur gegenwärtigen Situation auf<br />

der Bundesebene zu ziehen. Wenn Angela Merkel<br />

nach der nächsten Bundestagswahl mit FDP<br />

und/oder Grünen die SPD in die Opposition schicken<br />

sollte, wäre die Parallelität der Entwicklungen<br />

vollkommen. Die Bundespartei säße im Abseits<br />

wie ihre Frankfurter Unterorganisation.<br />

2 Der Niedergang<br />

der Frankfurter SPD<br />

Bei der Direktwahl der Oberbürgermeisterin<br />

2007 siegte Petra Roth für die CDU mit 60,5<br />

Prozent, der Kandidat der SPD bekam 27,5 Prozent.<br />

Roth siegte bei sehr niedriger Wahlbeteiligung;<br />

für sie stimmten rund 20 Prozent der<br />

Wahlberechtigten. Es war die Bestätigung einer<br />

attraktiven Amtsinhaberin, nicht aber der<br />

schwarz-grünen Römerkoalition. Dieser Sieg<br />

ist politisch und psychologisch nicht mit dem<br />

CDU-Erfolg von Walter Wallmann 1977 zu vergleichen,<br />

als die CDU erstmals in der alten SPD-<br />

Hochburg Frankfurt 51,3 Prozent der Stimmen<br />

bekam; bei der Kommunalwahl 1972 hatte sie<br />

nur 39,8 Prozent bekommen, die SPD 50,1 Prozent.<br />

Wallmanns umsichtige Stadtpolitik, die<br />

Fehler der SPD und die bundespolitische Konstellation<br />

führten dazu, dass die CDU 1981 bei<br />

der Kommunalwahl ihren Stimmenanteil auf<br />

54,2 Prozent ausbauen konnte, während die SPD<br />

auf 34 Prozent zurückfiel.<br />

Diese dramatischen politischen Veränderungen<br />

veranlassten mich in den 1980er Jahren,<br />

eine wahlsoziologische Studie zu schreiben, um<br />

die SPD-Verluste in einer bedeutenden alten<br />

Hochburg zu erklären. Die Untersuchung sollte<br />

auch abschätzen helfen, welche Chancen und

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