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Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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32<br />

cherheit und zur Terrorismusbekämpfung sowie<br />

die Wiederbelebungsversuche des Generalsekretärs<br />

Ronald Pofalla im Blick auf den<br />

Antikommunismus, die sich an der Frage einer<br />

eventuellen Annäherung oder gar Zusammenarbeit<br />

von SPD und Linkspartei entzünden.<br />

Angela Merkel, die Parteivorsitzende und<br />

Bundeskanzlerin, hat sich bei dieser programmatischen<br />

Nachjustierung im Gefolge der für<br />

die Union misslungenen Bundestagswahl 2005<br />

bislang bedeckt gehalten. Ihre Popularität in den<br />

Umfragen resultiert im Wesentlichen aus außenpolitischen<br />

Auftritten wie dem G8-Gipfel<br />

und der EU-Ratspräsidentschaft und aus einem<br />

betont ruhigen und unprätentiösen öffentlichen<br />

Auftreten, mit dem sie sich von den allzu medienbewussten<br />

und immer leicht klamaukartigen<br />

Selbstinszenierungen ihres Amtsvorgängers<br />

absetzt. Dabei kommt ihr übrigens der Umstand<br />

zu Hilfe, als Regierungschefin in einer Großen<br />

Koalition ihre Richtlinienkompetenz nur eingeschränkt<br />

zur Geltung bringen zu können und<br />

damit auch ein deutliches, polarisierendes ideologisches<br />

Profil zu vermeiden.<br />

Auch die SPD tut sich schwer mit der Bewältigung<br />

der für die Partei so verhängnisvollen<br />

Schröderjahre. Bis zur Stunde ist auch hier<br />

eine offene Diskussion über die Auswirkungen<br />

des Kurswechsels ab 1999 auf den innerparteilichen<br />

Konsens und die Stellung als potenziell<br />

mehrheitsfähige Volkspartei unterblieben. Im<br />

Gegenteil, die Parteispitze preist nach wie vor<br />

die Agenda-Politik als wegweisenden Reformschritt.<br />

Der Eindruck einer über das Ende von<br />

Rot-Grün hinaus reichenden Kontinuität des<br />

unter Gerhard Schröder und Franz Müntefering<br />

vollzogenen sozialdemokratischen Kurswechsels<br />

wird überdies durch die herausgehobene<br />

Rolle der Architekten der Agenda-Politik<br />

in der Großen Koalition unterstrichen. Mit<br />

Frank-Walter Steinmeier, Per Steinbrück und<br />

Franz Müntefering, aber auch mit dessen Nachfolger<br />

Olaf Scholz, prägen die Repräsentanten<br />

der Schröderjahre und der mit ihnen verbunde-<br />

Gerd Mielke<br />

nen Umbrüche und Niederlagen die sozialdemokratischen<br />

Beiträge zur Politik der Bundesregierung.<br />

Erste Ansätze zu einer ebenfalls vorsichtigen<br />

Kurskorrektur zeichnen sich seit dem Spätsommer<br />

2007 durch drei Initiativen des Parteivorsitzenden<br />

Kurt Beck ab, die auf dem Hamburger<br />

Parteitag im Oktober breite Zustimmung<br />

erhielten. Zunächst ordnete Beck die Parteispitze<br />

neu. Zwar sind in ihr mit Steinmeier und<br />

Steinbrück nach wie vor gewichtige Exponenten<br />

der Ära Schröder als Stellvertretende Parteivorsitzende<br />

vertreten, aber sowohl die Verringerung<br />

der Zahl der Stellvertreter als auch<br />

die Einbeziehung von Andrea Nahles und nicht<br />

zuletzt das hervorragende Ergebnis von Beck<br />

selbst verweisen auf die Möglichkeit einer längerfristigen<br />

Stabilisierung der Parteiführung.<br />

Eng verbunden war die Restrukturierung der<br />

Führungsspitze mit der ebenfalls von Beck betriebenen<br />

Modifikation des Arbeitslosengelds<br />

I. Diese Korrektur erhielt zusätzliches symbolisches<br />

Gewicht durch die mühelose Überwindung<br />

der Vorbehalte und Widerstände von<br />

Müntefering und Steinbrück durch Beck, und<br />

sie wurde auch von den Medien vorwiegend als<br />

erste Distanzierung vom politischen Erbe Gerhard<br />

Schröders interpretiert 7 . Drittens schließlich<br />

setzte der Parteivorsitzende weit reichende Änderungen<br />

bei der Formulierung des neuen<br />

Grundsatzprogramms durch. Standen im ‚Bremer<br />

Entwurf‘, der bis in den Sommer hinein als<br />

Diskussionsgrundlage für das neue Grundsatzprogramm<br />

diente, noch zahlreiche Positionen<br />

aus den verschiedenen Anläufen der Schröderjahre<br />

im Mittelpunkt, so wurden diese im ‚Hamburger<br />

Programm‘ deutlich reduziert und durch<br />

eher traditionelle, auf eine Identitätssicherung<br />

der Partei abzielende Programmelemente ersetzt.<br />

Bei beiden großen Parteien kann man jedoch<br />

zur Stunde nicht verlässlich abschätzen, ob die<br />

hier skizzierten politisch-programmatischen<br />

Korrekturen die erhoffte Wirkung in der Wählerschaft<br />

entfalten. Zum einen ist ungewiss, ob

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