Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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sierung des Problems. Aus dem nüchternen<br />
Fakt, eine Person ohne Papiere zu sein, wird<br />
ein Familienvater, der seinen väterlichen Verpflichtungen<br />
nicht nachkommen kann, oder eine<br />
Mutter, die sich strafbar macht, nur weil sie mit<br />
ihrem Mann und ihren Kindern zusammenleben<br />
möchte.<br />
In gewisser Weise wird durch die Einführung<br />
der Medien als zentraler Unterstützer der<br />
Bewegung auch ein wichtiges Ergebnis der<br />
Bewegungsforschung zumindest ansatzweise in<br />
Frage gestellt. So sind gemäß des Political Opportunity<br />
Structure-Ansatzes dezentrale Systeme<br />
infolge ihrer vielfältigen Andockpunkte für<br />
soziale <strong>Bewegungen</strong> zugänglicher als zentralistische<br />
Systeme. Werden jedoch die Medien<br />
selbst zu einem wesentlichen Akteur im Kontext<br />
der Bewegung, so ist ein hoch-konzentriertes<br />
Mediensystem für Evolution, Verbreitung<br />
und Vertiefung der Bewegung wesentlich effektiver<br />
als ein föderal strukturiertes. Sehr schön<br />
aufgezeigt wird dieser Effekt in der vorliegenden<br />
Arbeit am Beispiel Frankreichs im Gegensatz<br />
zur Schweiz.<br />
Rolle der Kirche kommt zu kurz<br />
Gibt es jenseits des innovativen Ansatzes, der<br />
sehr guten Lesbarkeit und der Stringenz der<br />
Darlegung auch noch etwas zu kritisieren? Ja:<br />
Das letzte zusammenfassende Kapitel hätte ausführlicher<br />
ausfallen können. Insbesondere die<br />
tabellarische Darlegung der Ergebnisse der empirischen<br />
Untersuchung in den drei Ländern ist<br />
kaum vertextet. Ferner wird nicht eingegangen<br />
auf Bedeutung und Symbolik von Kirchenbesetzungen<br />
als in gewisser Weise Auftakt der<br />
Bewegungsaktivitäten in jedem der drei Länder.<br />
Die Rolle und Bedeutung der Kirche als besonderer<br />
sowie auch als zivilgesellschaftlicher Akteur<br />
werden nur begrenzt thematisiert. Doch<br />
abgesehen davon handelt es sich um eine gelungene<br />
und sehr lesenswerte Arbeit.<br />
Annette Zimmer, Münster<br />
<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 4/2007<br />
Besprochene Literatur<br />
Laubenthal, Barbara 2007: Der Kampf um<br />
Legalisierung. <strong>Soziale</strong> <strong>Bewegungen</strong> illegaler<br />
Migranten in Frankreich, Spanien und der<br />
Schweiz. Frankfurt a.M.: Campus.<br />
�<br />
Kapitalismus,<br />
Machtungleichgewicht und<br />
Nachhaltigkeit<br />
Ein Großteil der aktuellen globalisierungskritischen<br />
Studien auf dem Literaturmarkt krankt<br />
vor allem an einem Defizit: Obgleich sie zumeist<br />
überzeugend Missstände der gegenwärtigen<br />
Weltordnung zu thematisieren und hierbei vor<br />
allem die Lieblingszielscheibe ‚Neoliberalismus‘<br />
nach Kräften unter Beschuss zu nehmen wissen,<br />
mangelt es häufig an realistischen Alternativen<br />
und innovativen Vorschlägen, um Wege<br />
aus den viel gescholtenen Ungerechtigkeiten<br />
aufzuzeigen. Mohssen Massarat möchte in seiner<br />
Monografie ‚Kapitalismus, Machtungleichgewicht,<br />
Nachhaltigkeit‘, wie es schon der programmatische<br />
Untertitel anzeigt, ebensolche<br />
‚Perspektiven revolutionärer Reformen‘ jenseits<br />
der kapitalistischen Weltordnung entwickeln.<br />
Daher wird sich sein Buch auch an diesem Anspruch<br />
messen lassen müssen.<br />
Kritik am Bestehenden<br />
Die Voraussetzung zur Formulierung von Alternativen<br />
bleibt jedoch auch bei Massarrat die<br />
Kritik am Bestehenden. Und die Liste derer, die<br />
ins Fadenkreuz des Osnabrücker Lehrstuhlinhabers<br />
für Politikwissenschaft geraten, ist<br />
ebenso lang wie facettenreich: Sie reicht von<br />
den USA über Max Weber, Michael Mann und<br />
Samuel Huntington bis hin zu marxistischen<br />
Theoretikern wie Ernest Mandel, David Harvey<br />
oder Alex Callinicos (Mandel 1972, Harvey<br />
2004, Callinicos 2003).