Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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in seinem Beitrag schließlich nochmals die Unmöglichkeit<br />
der Neutralität, die Kommerzialisierung<br />
und Problematik der Vereinnahmung<br />
und Instrumentalisierung durch staatliche Stellen<br />
an. Seine Forderung, dass sich NGOs ihrer<br />
Rolle versichern und Mythen korrigiert werden<br />
sollten, ist sicherlich richtig, einen ersten Schritt<br />
in diese Richtung sucht man im Beitrag aber<br />
vergeblich.<br />
Die Arbeit einzelner Organisationen<br />
Jens Matthes macht den Auftakt zu Beiträgen,<br />
die einzelne Organisationen und ihre Arbeit vorstellen.<br />
Er berichtet von der Operation Lifeline<br />
Sudan, die über 15 Jahre versuchte, im vom<br />
Bürgerkrieg zerrütteten Sudan Nothilfe zu leisten.<br />
In dieser Beschreibung stellt sich nicht mehr<br />
die Frage nach feindifferenzierter Neutralität und<br />
der unbedingten Vermeidung einer Unterstützung<br />
der Kriegsparteien. Um den Zugang zu<br />
der hilfsbedürftigen Zivilbevölkerung möglich<br />
zu machen, wird mit den Rebellengruppen kooperiert<br />
und Tributzahlungen sind alltägliche<br />
Realität. Tilman Evers stellt den Zivilen Friedensdienst<br />
vor, der in enger Kooperation mit<br />
der Bundesregierung Friedensfachkräfte ausbildet<br />
und für mindestens zwei Jahre in Spannungsgebiete<br />
entsendet, damit sie sich dort für<br />
eine konstruktive Konfliktbearbeitung einsetzen.<br />
Auch hier ist die Verbindung mit staatlichen<br />
Stellen unmittelbar und Voraussetzung für<br />
die Arbeit. Walter Kaufmann berichtet vom<br />
Konflikt im Südkaukasus (Georgien, Armenien<br />
und Aserbaidschan). Die Region ist in einem<br />
komplexen Konfliktgeflecht von geopolitischen<br />
Interessen Russlands und der USA einerseits<br />
und sezessionistischen Bestrebungen andererseits<br />
gefangen. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen<br />
gibt es nun einen fragilen Waffenstillstand,<br />
in dem NGOs sich um Versöhnung<br />
oder zumindest eine Stabilisierung der Lage<br />
bemühen. Der Erfolg, aber auch der Misserfolg<br />
der Bemühungen besteht in einem weitgehenden<br />
Erhalt des status quo. In diesem Beitrag<br />
<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 4/2007<br />
wird ein Vorteil von NGOs gegenüber staatlichen<br />
Stellen deutlich, weil NGOs ihre Vermittlungsbemühungen<br />
nicht von geopolitischen Interessen<br />
und offizieller Anerkennung von sezessionistischen<br />
Gruppen abhängig machen<br />
müssen.<br />
Die Rolle von Frauen<br />
in Spannungsgebieten<br />
Als ein spezielles Segment von NGOs, die in<br />
Spannungsgebieten arbeiten, beschäftigen sich<br />
schließlich vier Beiträge mit der Rolle von Frauen<br />
in Spannungsgebieten. Bernedette Muthien<br />
berichtet aus der Sicht einer südafrikanischen<br />
Frauenorganisation und beschreibt, wie schlecht<br />
es den Frauen in Südafrika und der Welt geht.<br />
Wie die Organisation konkret in Südafrika arbeitet,<br />
bleibt dagegen sehr undeutlich. Spannend<br />
ist die Gegenüberstellung des Berichts aus einer<br />
israelischen und einer palästinensischen<br />
Frauenorganisation durch Sarai Aharoni beziehungsweise<br />
Fadwa Al-Labadi. Sarai Aharoni<br />
versucht, die besondere Betroffenheit der Frauen<br />
durch den israelisch-palästinensischen Krieg<br />
deutlich zu machen, was aber nur zum kleinen<br />
Teil gelingt. Dass Frauen die Hälfte der zivilen<br />
Opfer ausmachen, belegt gerade nicht ihre besondere<br />
Betroffenheit. Geschlechtsspezifisch ist<br />
dagegen die emotionale Belastung vor allem der<br />
Frauen, wenn sie quasi-therapeutisch die kämpfenden<br />
Männer zu Hause betreuen. Fadwa Al-<br />
Labadi weist neben der besonderen Betroffenheit<br />
der Frauen durch Armut und Schikanen der<br />
israelischen Soldaten ebenfalls auf die weibliche<br />
Rolle in der emotionalen Betreuung hin.<br />
Geradezu verstörend ist dagegen der Hinweis<br />
auf die emotionale Betreuung von Selbstmordattentäterinnen<br />
und Angehörigen, wenn auch<br />
durch andere Organisationen. Dies klingt<br />
keineswegs nach Konfliktverlängerung und -<br />
verschärfung als nicht-intendierte Folge. Interessant<br />
ist in beiden Fällen der Versuch, Frauen<br />
in die Verhandlungsprozesse einzubringen.<br />
Dafür wird das Argument der Gleichberechti-