Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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wünschte Ausmaß, in dem diese Ziele realisiert<br />
werden sollen, wenn eine staatliche Zuständigkeit<br />
gegeben ist (Intensität). Aus dieser Differenzierung<br />
lassen sich weitere theoretische Annahmen<br />
über die Entwicklung der Anteile an<br />
Befürwortern und Gegnern eines Sozialstaatsabbaus<br />
ableiten. Ein Abbau des Wohlfahrtsstaats<br />
auf der Dimension der Extensität würde bedeuten,<br />
dass der Staat den Umfang seiner Zuständigkeit<br />
reduziert und unter den Status Quo senkt.<br />
Ein Abbau auf der Dimension der Intensität<br />
würde dagegen die Gebiete sozialstaatlicher<br />
Verantwortung unverändert lassen, jedoch das<br />
Ausmaß der staatlichen Aktivitäten auf diesen<br />
Gebieten vermindern. Die Extensität ist also die<br />
grundsätzlichere der beiden Dimensionen.<br />
Es ist plausibel anzunehmen, dass es Bürger<br />
gibt, die dem Staat zwar eine allgemeine Verantwortung<br />
für soziale Belange zuschreiben, die<br />
jedoch gleichzeitig das Ausmaß des wohlfahrtsstaatlichen<br />
Handelns in diesen Zuständigkeitsgebieten<br />
begrenzen wollen. Deshalb kann davon<br />
ausgegangen werden, dass ein Sozialstaatsabbau<br />
auf der Ebene der Extensität weniger Zustimmung<br />
findet als auf der Ebene der Intensität.<br />
Gleichzeitig sollten die Einstellungen gegenüber<br />
dem Sozialstaat auf der Dimension der<br />
Intensität im Zeitverlauf höhere Variationen aufweisen<br />
als auf der Dimension der Extensität<br />
(Andreß/Heien/Hofäcker 2001: 55; Roller 1998:<br />
Eva Christensen<br />
88). Eine mögliche Anpassung der Ansprüche<br />
nach unten ist demnach stärker bei der Intensität<br />
zu erwarten als bei der Extensität.<br />
Aus den angeführten theoretischen Überlegungen<br />
lassen sich folgende Hypothesen ableiten:<br />
Hypothese 1: Irreversibilität bzw. Anspruchsinflation<br />
Im Zeitverlauf ist auf beiden Dimensionen<br />
(Extensität und Intensität) ein gleich bleibender<br />
bzw. abnehmender Anteil an Abbaubefürwortern<br />
zu erwarten.<br />
Hypothese 2: Anpassung<br />
Es ist von einem wachsenden Anteil an Abbaubefürwortern<br />
auszugehen. Dabei sollten sich<br />
in beiden Landesteilen stärkere Veränderungen<br />
auf der Dimension der Intensität zeigen als auf<br />
der Dimension der Extensität.<br />
Hypothese 3: Intensitätsabbau vor Extensitätsabbau<br />
Auf der Dimension der Intensität sind zu<br />
allen Zeitpunkten mehr Abbaubefürworter zu<br />
erwarten als auf der Dimension der Extensität.<br />
3 Entwicklung der Einstellungen zum<br />
Sozialstaatsabbau im Zeitverlauf:<br />
Empirische Analyse<br />
Die empirischen Analysen, mit denen die aufgestellten<br />
Hypothesen geprüft werden, basieren<br />
auf den kumulierten Daten der Allgemeinen<br />
Tab. 1: Anteile an Abbaubefürwortern und -gegnern auf der Dimension der Extensität 6<br />
Jahr Westdeutschland Ostdeutschland<br />
Abbaubefürworter Abbaugegner Abbaubefürworter Abbaugegner<br />
1984 9,0 (261) 89,7 (2614)<br />
1991 9,8 (120) 88,8 (1093) 1,3 (17) 98,3 (1297)<br />
1994 13,3 (247) 85,5 (1593) 3,1 (30) 96,6 (925)<br />
2000 15,2 (285) 83,2 (1560) 7,6 (90) 91,7 (1089)<br />
2004 18,6 (273) 80,7 (1187) 7,6 (64) 91,8 (771)<br />
Angaben in Prozent, Fallzahlen in Klammern. Die Prozentpunkte ergeben keine Summe von<br />
100 Prozent, weil einige Befragte die Antwort verweigerten oder keine Meinung aufwiesen.