Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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Netzwerkpartei an. Schließlich wird mit der<br />
Beck-Kommission im Jahr 2005 der vorerst letzte<br />
Reformimpuls für die SPD gegeben: für eine<br />
erneuerte, sich Nicht-Mitgliedern öffnende Mitgliederpartei.<br />
2 Projektgruppe ‚SPD 2000‘<br />
Anknüpfend an Überlegungen aus den 1980er<br />
Jahren wurde – forciert durch den neu gewählten<br />
SPD-Vorsitzenden Björn Engholm – auf<br />
dem Bremer Parteitag im Mai 1991 eine Kommission<br />
zur Parteireform, die Projektgruppe<br />
‚SPD 2000‘, unter Leitung des neu ins Amt<br />
berufenen Bundesgeschäftsführers Karlheinz<br />
Blessing eingesetzt.<br />
Folgende Ziele hatte der SPD-Parteivorstand<br />
der Projektgruppe vorgegeben:<br />
• SPD bleibt größte Mitgliederpartei, mehr<br />
neue Mitglieder<br />
• größere Beteiligung der Mitglieder an den<br />
politischen Entscheidungsprozessen<br />
• attraktivere Formen der Politik<br />
• Organisation von Mehrheitsfähigkeit und<br />
Wahlsiegen (Engholm 1993: 7; Projektgruppe<br />
‚SPD 2000‘ des Parteivorstands 1993:<br />
16f).<br />
Die Projektgruppe ‚SPD 2000‘ legte auf dem<br />
Wiesbadener Parteitag im November 1993,<br />
bereits seit August 1993 war Blessing nicht mehr<br />
Bundesgeschäftsführer, ihre Empfehlungen vor.<br />
Zum einen sollte sich die Partei gegenüber<br />
Nichtmitgliedern stärker öffnen. Nichtparteimitglieder<br />
sollten zu Mitgliederversammlungen eingeladen<br />
werden können und dort Rede- und<br />
Antragsrecht haben, sie sollten zudem stärker<br />
in die Projektarbeit und die Arbeitsgemeinschaften<br />
eingebunden werden. Darüber hinaus wurde<br />
die Öffnung der Vorschlagslisten bei Wahlen<br />
für Nicht-Genossen empfohlen (Projektgruppe<br />
‚SPD 2000‘ des Parteivorstands 1993: 33ff und<br />
45). Insbesondere Blessing gehen die Empfehlungen<br />
der Projektgruppe ‚SPD 2000‘ nicht weit<br />
genug, er befürwortet eine weitergehende Öff-<br />
Thomas Hauf<br />
nung der SPD. Nur durch eine umfassende<br />
Öffnung der Partei könne es der SPD, begleitet<br />
vom Eingehen von punktuellen und themenbezogenen<br />
Bündnissen auf den verschiedenen<br />
Ebenen, gelingen, die Deutungshoheit über Themen<br />
zu erhalten bzw. wiederzugewinnen (Blessing<br />
1993: 225ff). Später greift Matthias Machnig<br />
als einer von Blessings Nachfolgern im Amt<br />
letztgenannten Gedanken im Rahmen der Diskussion<br />
um die Netzwerkpartei auf.<br />
Zum anderen unterbreitete die Projektgruppe<br />
Vorschläge, die Parteiarbeit zu modernisieren.<br />
Dazu zählten eine Qualifizierung des hauptamtlichen<br />
Personals und der ehrenamtlich tätigen<br />
Funktionäre sowie eine Modernisierung der<br />
Kommunikation und Datenverarbeitung. Durch<br />
ein Quorum für Unter-Dreißigjährige bei Kommunalwahlen<br />
wollte man die Aktivierung jüngerer<br />
Parteimitglieder erreichen; die Kandidatennominierung<br />
im Vorfeld von Wahlen sollte<br />
zukünftig anstatt von Delegiertenkonferenzen<br />
durch Vollversammlungen vorgenommen werden<br />
können (Blessing 2002: 91ff; vgl. Projektgruppe<br />
‚SPD 2000‘ des Parteivorstands 1993:<br />
33ff).<br />
Weiterhin sprach man sich für eine verstärkte<br />
direkte Beteiligung der Mitglieder aus. Sehr<br />
kontrovers wurde in der Projektgruppe die Einführung<br />
von Mitgliederentscheiden und Urabstimmungen<br />
diskutiert, so dass sich die Projektgruppe<br />
lediglich auf eine Empfehlung der<br />
Prüfung zur Durchführung von Urabstimmungen,<br />
nicht jedoch zu Mitgliederentscheiden bei<br />
inhaltlichen Fragen, entschließen konnte (Projektgruppe<br />
‚SPD 2000‘ des Parteivorstands<br />
1993: 35 und 45). Dies ist insbesondere vor<br />
dem Hintergrund der Diskussion in der SPD<br />
über die Einführung direktdemokratischer Elemente<br />
in das Grundgesetz und die Landesverfassungen<br />
Ende der 1980er Jahre zu sehen. Im<br />
Berliner Programm aus dem Jahr 1989 spricht<br />
sich die SPD für die Einführung von Volksbegehren<br />
und Volksentscheiden in Gemeinden,<br />
Ländern und Bund aus und setzte sich im Rah-