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Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Pulsschlag<br />

trag von Ina Kerner (Berlin) zum Stellenwert<br />

weiblicher Körpererfahrung im Werk von<br />

Young. Doch ungeachtet möglicher Erweiterungen<br />

provozierte gerade die Trennung der Kategorien<br />

die Frage nach einem Motiv, das zugleich<br />

als ein Motiv des Youngschen Denkens betrachtet<br />

werden kann: die kritische Frage danach,<br />

wie die Kategorien miteinander verbunden sind,<br />

worin also der Zusammenhang zwischen Demokratie<br />

und Gerechtigkeit sowie zwischen<br />

politischer und sozialer Praxis besteht und bestehen<br />

soll.<br />

Demokratie und Inklusion<br />

Dass die Frage nach dem Zusammenhang der<br />

Kategorien in den Youngschen Motiven klärungsbedürftig<br />

ist, wurde schon zu Beginn deutlich:<br />

Während Peter Niesen (Darmstadt) unter<br />

der Überschrift ‚Motive aus dem Werk von Iris<br />

Young‘ als zentrales Motiv die Politisierung des<br />

<strong>Soziale</strong>n im Sinne einer Offenlegung der strukturellen<br />

Bedingungen sozialer Unterdrückung<br />

ausmachte, betonte Elisabeth Conradi (Göttingen)<br />

den umgekehrten Zusammenhang: Mit<br />

Blick auf Youngs Werk untermauerte sie den<br />

Anspruch an die Politik, alltagsbewährte soziale<br />

Formen in politische Prozesse zu übertragen.<br />

Den Blick richtete sie dabei auf die auch von<br />

Young diskutierte Form der Begrüßung: Als<br />

Anerkennung der Anwesenheit sei diese bereits<br />

ein erster Schritt, um Vertreter strukturell ausgeschlossener<br />

Gruppen aktiv in demokratische<br />

Entscheidungsprozesse einzubeziehen und dem<br />

Problem der Exklusion zu begegnen. Mit der<br />

Frage nach Methoden der Bewältigung von<br />

Exklusion rückte damit nicht nur die Youngsche<br />

Problemstellung schlechthin in den Vordergrund,<br />

sondern auch der empirische Prüfstein<br />

zeitgenössischer Demokratietheorien: Demnach<br />

scheiterten insbesondere die diskursiven Ideale<br />

der deliberativen Demokratietheorie zum einen<br />

am real existierenden äußeren Ausschluss, der<br />

Menschen zum bloßen Objekt von Diskussionen<br />

im politischen Prozess degradiere, zum an-<br />

119<br />

deren am Binnenausschluss, der in festen Äußerungsstandards<br />

bestehe. Dass gerade auch<br />

diese empirische Problematik Young bekanntlich<br />

zur Kritikerin der deliberativen Demokratietheorie<br />

werden ließ, wurde im Rahmen des Beitrags<br />

von Dirk Joerke (Greifswald) reflektiert.<br />

Unter dem Titel ‚Radikaldemokratische Motive<br />

in Youngs Demokratietheorie‘ betonte er nach<br />

einer Rekonstruktion der Youngschen Kritik an<br />

den Dominanz – und Hegemonialstrukturen diskursiver<br />

Praktiken den Stellenwert unkonventioneller<br />

Formen politischen Handelns: In Youngs<br />

Erweiterung der deliberativen Demokratietheorie<br />

zur ‚kommunikativen Demokratietheorie‘<br />

seien diese – entgegen dem Ideal der deliberativen<br />

Demokratietheorie – rationaler Argumentation<br />

potentiell entzogen und auch deshalb eine<br />

‚Frischzellenkur für die Demokratie‘. Doch bot<br />

gerade die Aufwertung kreativen politischen<br />

Handelns Ansatzpunkte für empirisch geprägte<br />

Kritik: So liefere das vermeintliche Verschwinden<br />

neuer sozialer <strong>Bewegungen</strong> ebenso wie die<br />

Abwendung der Menschen von der repräsentativen<br />

Demokratie nach Joerke wenig Anlass<br />

dafür, diesen einen besonderen theoretischen<br />

Stellenwert einzuräumen. Zudem sei auch<br />

Youngs Antwort auf das Problem mangelnder<br />

zivilgesellschaftlicher Kontrolle im internationalen<br />

Raum allzu abstrakt.<br />

Während der Stellenwert radikaldemokratischer<br />

Motive in Youngs Werk eher im Hintergrund<br />

blieb, schloss Joerke mit der kritischen<br />

Betrachtung zivilgesellschaftlicher Potentiale<br />

thematisch an Sandra Seubert (Potsdam) an, die<br />

zuvor umgekehrt nach den ‚Unzivilen Potentialen<br />

einer Politik der Differenz‘ gefragt hatte. Ihr<br />

Fokus lag auf der Spannung zwischen Youngs<br />

Konzept der Anerkennung von Unterschiedlichkeit<br />

einerseits – sowie der Gefahr gemeinschaftsfeindlicher<br />

Gruppenbildungsprozesse in der<br />

Zivilgesellschaft andererseits. Bei ‚unzivilen‘<br />

Formen der Gruppenbildung folge auf die Erfahrung<br />

der Andersartigkeit entsprechend nicht<br />

mehr die Forderung nach Inklusion. Im Gegen-

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