Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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gelang es der DVU 2004 nicht nur den Landtagseinzug<br />
von 1999 zu wiederholen, sondern<br />
sogar den eigenen Stimmenanteil zu steigern.<br />
Die Fraktion hatte sich nicht wie zuvor im benachbarten<br />
Sachsen-Anhalt, wo die DVU bei<br />
der Landtagswahl 1998 12,9 Prozent errungen<br />
hatte, während der Legislaturperiode selbst ‚zerlegt‘.<br />
In Sachsen 2004 und Mecklenburg-Vorpommern<br />
2006 verzeichnete die neonazistische<br />
NPD mit 9,2 bzw. 7,3 Prozent große Wahlerfolge.<br />
Besorgniserregend ist, dass es die Partei<br />
offenbar in beiden Ländern geschafft hat, sich<br />
in bestimmten Regionen strukturell zu verankern.<br />
In Teilen Vorpommerns – insbesondere<br />
um die Stadt Anklam herum – wurde die NPD<br />
beispielsweise mit über 30 Prozent Stimmenanteil<br />
zur stärksten Partei (Heinrich/Lehmann<br />
2006)! Es besteht insofern durchaus die Gefahr,<br />
dass sich die Rechtsextremen als Akteure<br />
im Parteienwettbewerb etablieren können, zumal<br />
aktuelle Umfragen keine abnehmende Zustimmung<br />
zur NPD aufzeigen. Mit besonderem<br />
Augenmerk sind deshalb die anstehenden Kommunalwahlen<br />
zu verfolgen, bei denen möglicherweise<br />
eine nochmalige Festigung der rechtsextremistischen<br />
Strukturen eintreten könnte.<br />
Schon jetzt ist die NPD durch das strategische<br />
Bündnis mit den freien Kameradschaften gesellschaftlich<br />
zum Teil gut verwurzelt.<br />
Mitte der 1990er Jahre war zuallererst das<br />
konzentrierte ‚Drei-Parteien-System‘, in dem die<br />
PDS entweder regierungsunwillig oder von den<br />
anderen Parteien als nicht regierungsfähig bewertet<br />
worden war, für die Bildung von großen<br />
Koalitionen verantwortlich. Die derzeitige Dominanz<br />
der SPD-CDU-Koalitionen in Ostdeutschland,<br />
die immerhin in vier der fünf Länder<br />
regieren, ist hingegen vorrangig auf die Fragmentierung<br />
der Parteiensysteme zurückzuführen.<br />
Entweder gab es keine parlamentarischen<br />
Mehrheiten für die ‚normalen‘ Koalitionen<br />
(Sachsen) oder die Mehrheiten waren so dünn,<br />
dass man – wie in Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Sachsen-Anhalt – „keine Wackelkutschen“<br />
Steffen Schoon<br />
fahren wollte, wie dies der sachsen-anhaltinische<br />
Ministerpräsident Böhmer nach der Landtagswahl<br />
2006 anschaulich formulierte (Schoon/<br />
Werz 2006). In Westdeutschland gibt es dagegen<br />
nur in Schleswig-Holstein eine solche Regierungskonstellation,<br />
die zumindest aus demokratietheoretischer<br />
Sicht eher die Ausnahme bleiben<br />
sollte.<br />
Die zweite Entwicklung in der Charakteristik<br />
der ostdeutschen Parteiendemokratie ist die<br />
fortschreitende Binnendifferenzierung und Regionalisierung.<br />
In der Tat spricht vieles dafür,<br />
Ostdeutschland nicht mehr als homogenes Territorium<br />
zu betrachten. Die einzelnen Länder<br />
bestimmen in zunehmender Weise in eigener<br />
Verantwortung durch ihre jeweiligen Rahmenbedingungen<br />
das politische Handeln der Akteure,<br />
die politische Konfliktlagen und letztlich die<br />
gesellschaftliche Verankerung der Parteien (siehe<br />
hierzu u.a. Maier/Schmitt 2002). Am deutlichsten<br />
wird dies beim Blick auf die einzelnen<br />
Ergebnisse bei Landtagswahlen. So können sich<br />
beispielsweise die Sozialdemokraten in Brandenburg<br />
und mit Abstrichen auch in Mecklenburg-Vorpommern<br />
auf eine einigermaßen solide<br />
Wählerbasis stützen. Im Küstenland war diese<br />
Entwicklung im Übrigen am Anfang der 1990er<br />
Jahre noch nicht abzusehen. In beiden Ländern<br />
regieren insofern folgerichtig seit längerem –<br />
im Falle Brandenburgs sogar ausschließlich –<br />
SPD-Ministerpräsidenten. Gänzlich anders stellt<br />
sich die Situation des Parteienwettbewerbs in<br />
Sachsen und zum Teil auch in Thüringen dar,<br />
die sehr stark von der Dominanz der CDU geprägt<br />
ist. Die Sozialdemokraten befinden sich<br />
hier in einer sehr fragilen Position zwischen<br />
Linkspartei und Christdemokraten, die die SPD<br />
bei Landtagswahlen stets in die Rolle als Kleinpartei<br />
zu drängen drohen. In Brandenburg ist<br />
hingegen von einer solchen Diaspora-Situation<br />
die CDU betroffen, wenn auch nicht im selben<br />
Ausmaß wie die sächsische SPD. Sie ist landesweit<br />
nur die drittstärkste Kraft und dürfte<br />
nach Lage der Dinge auch in absehbarer Zeit