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Vollversion (1.42 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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110<br />

camp-Szene als soziale Bewegung zu beschreiben,<br />

wenn dafür die Gegebenheit einer ‚conflictual<br />

culture‘, wie bei Melucci und allen anderen<br />

Bewegungsforschern angelegt, als conditio sine<br />

non qua gesetzt wird. Denn das Konfliktpotential<br />

auf Barcamps ist vergleichsweise gering und<br />

in der Mehrheit nicht auf Protest gegen gesellschaftliche<br />

Verhältnisse gerichtet, zumindest<br />

nicht explizit (besondere Aufmerksamkeit wird<br />

hingegen Themen wie Datenschutz, Copyright<br />

und informationelle Selbstbestimmung entgegengebracht).<br />

Wenn man hiervon aber Abstand nimmt und<br />

etwa an kulturorientierte <strong>Bewegungen</strong> denkt,<br />

wie die Terminologie von Joachim Raschke (‚<strong>Soziale</strong><br />

<strong>Bewegungen</strong>‘ von 1985) lautet – beispielweise<br />

die Alternativbewegung (‚Wer soll das<br />

alles ändern. Die Alternativen der Alternativbewegung‘<br />

von Joseph Huber 1981) –, dann sind<br />

die feststellbaren Parallelen und Gemeinsamkeiten<br />

doch erstaunlich. Und es ist nicht einmal<br />

erwiesen, daß der Aktionismus dieser Szene<br />

dereinst nicht doch noch politische Auswirkungen<br />

zeitigen wird, man denke nur an ‚Moveon.<br />

Org‘ (moveon.org) oder ‚Free Burma!‘ (freeburma.org).<br />

‚When you come, be prepared to<br />

share with barcampers. When you leave, be prepared<br />

to share it with the world.‘ (barcamp.org/<br />

TheRulesOfBarCamp)<br />

Wie dem auch sei: Mit der Entstehung und<br />

weltweiten Verbreitung von Barcamps ist nicht<br />

nur eine neue Konferenzform aufgetaucht, sondern<br />

mehr noch eine Szene sichtbar geworden,<br />

die in ihrer Kommunikationsweise, ihrem Lebensstil,<br />

ihrer Weltanschauung durchaus Ansätze<br />

aufweist, um von einer sozialen Bewegung<br />

zu sprechen, wie Franz Patzig (franztoo.de/<br />

?p=113) dies getan hat. Möglicherweise handelt<br />

es sich bei der Barcamp Bewegung ja auch<br />

nur um ein vorübergehendes Phänomen, so wie<br />

bei allen anderen <strong>Bewegungen</strong>. Doch oder gerade<br />

wenn selbst diese Parallele noch zutreffen<br />

sollte, wäre es vielleicht bedenkenswert, trotz<br />

gewisser Schwierigkeiten, einen solchen, ver-<br />

<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 20, 4/2007<br />

meintlich völlig unpolitischen Projekt- und Lebenszusammenhang<br />

wie die Social Software<br />

Szene als soziale Bewegung zu akzeptieren, sich<br />

einmal näher mit diesem Phänomen zu befassen<br />

– bei der rechten Gewalt in den 1990er Jahren<br />

hat es immerhin auch eine gewisse Zeit gebraucht,<br />

bis sich die Bewegungsforschung bereit<br />

fand zu klären, ob und inwiefern es sich<br />

dabei um eine neue soziale Bewegung handelte,<br />

und die Indizien und Befunde waren damals<br />

durchaus positiv. Möglicherweise ergeht es uns<br />

mit den Barcamps ja ähnlich, warten wir’s ab.<br />

Kai-Uwe Hellmann, Berlin<br />

TAGUNGSBERICHT<br />

...................................................................................................................................<br />

webcampaigning@public sphere(s)<br />

Unter dem Titel ‚webcampaigning@public<br />

sphere(s)‘ veranstaltete das Teilprojekt ‚Protestund<br />

Medienkulturen im Umbruch. Transnationale<br />

Corporate Campaigns im Zeichen digitaler<br />

Kommunikation‘ im Sfb/Fk 615 ‚Medienumbrüche‘<br />

der Universität Siegen am 9. November<br />

2007 einen eintägigen Workshop. Ziel des<br />

Workshops war es, einen vergleichenden empirischen<br />

Einblick zu Kampagnenpolitik im Netz<br />

zu geben sowie auf theoretischer Ebene das in<br />

diesem Rahmen zentrale Öffentlichkeitskonzept<br />

zu diskutieren. Dabei ging es erstens um die<br />

Frage, inwiefern Online-Kommunikationsstrukturen<br />

von zivilgesellschaftlichen Akteuren genutzt<br />

werden, um Kampagnenpolitik zu demokratisieren?<br />

Zweitens versuchte die Veranstaltung<br />

eine Antwort auf die Frage zu geben, inwiefern<br />

virtualisierte, politische Kampagnen einen<br />

Beitrag zur Entstehung von transnationalen<br />

Öffentlichkeiten (‚public of publics‘, Bohman)<br />

leisten können? Insgesamt war der Workshop<br />

durch einen intensiven Austausch zwischen den<br />

Teilnehmern geprägt, so dass der im Titel versprochene<br />

Workshopcharakter tatsächlich im<br />

Vordergrund stand.

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