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58<br />

teiligung ermöglichte. Dabei waren jedoch<br />

zunächst nur geringere direkte Mitgliederbeteiligungsmöglichkeiten<br />

vorgesehen, Mitgliederbegehren<br />

und Mitgliederentscheid wurde ohne<br />

tiefe Diskussion in die Parteistatuten aufgenommen,<br />

die „SPD ist in diese plebiszitäre Phase<br />

hereingeschlittert.“ (Leif/Raschke 1994: 194)<br />

Die SPD konnte sich jedoch nicht dazu durchringen,<br />

verbindliche Entscheidungen obligatorisch<br />

durch die Mitgliedschaft treffen zu lassen,<br />

sondern führte fakultative Basisvoten als Ergänzung<br />

der gängigen Entscheidungsmodi ein.<br />

Darüber hinaus wurden zum Themenfeld der<br />

Professionalisierung des Parteiapparats und der<br />

Parteiarbeit Empfehlungen ausgesprochen.<br />

3 ‚Demokratie braucht Partei‘<br />

und die Debatte um die<br />

‚Netzwerkpartei‘<br />

Seit dem Wiesbadener Parteitag im Jahr 1993<br />

war die Parteireformdebatte in der SPD zum<br />

Stillstand gekommen. Wesentliche innerparteiliche<br />

Neuerungen wurden seit dieser Zeit in der<br />

SPD nicht mehr diskutiert. Die fast permanent<br />

bestehende Arbeitsgruppe des Parteivorstandes<br />

zur Parteireform zog 1995 eine positive Bilanz<br />

der 1993 erweiterten Möglichkeiten zur Mitgliedermitbestimmung.<br />

Die Arbeitsgruppe kam<br />

allerdings zu dem Ergebnis, dass das Nebeneinander<br />

der Entscheidungsfindung durch Mitgliederentscheid<br />

und Parteitagsbeschluss beendet<br />

werden sollte und eine verbindliche Regelung<br />

in der Satzung zwischen dem Repräsentationsprinzip<br />

und dem plebiszitären Prinzip getroffen<br />

werden sollte. Vor dem Hintergrund der<br />

Debatten um den Kanzlerkandidaten der SPD<br />

1994 und der nach der Wahlniederlage zunehmenden<br />

Kritik am SPD-Vorsitzenden Rudolf<br />

Scharping schlug die Arbeitsgruppe ‚Mitgliederentwicklung‘<br />

zudem vor, dass „[…] die Urwahl<br />

des Kanzlerkandidaten in der Satzung verbindlich<br />

vorgesehen sein muß oder ausgeschlossen<br />

sein sollte.“ (SPD-Parteivorstand 1995: 15)<br />

Thomas Hauf<br />

Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe ‚Mitgliederentwicklung‘<br />

wurden dem Mannheimer Parteitag<br />

im November 1995 vorgelegt, jedoch nicht<br />

umgesetzt.<br />

Im Jahr 2000 gewann die Parteireformdebatte<br />

in der SPD wieder an Tempo. Zum Jahresbeginn<br />

2000 kündigte der damalige SPD-Generalsekretär<br />

Franz Müntefering eine Modernisierung<br />

der Parteiarbeit an, im April 2000 legte<br />

er Thesen unter der Überschrift „Demokratie<br />

braucht Partei. Die Chance der SPD“ zur Reform<br />

der SPD vor. (Müntefering 2000: 337ff)<br />

Es sei an der Zeit, so Müntefering, über die<br />

Organisation, über ihre Funktion, Struktur und<br />

Arbeitsweise der SPD zu diskutieren und<br />

nötigenfalls grundlegende Veränderungsprozesse<br />

anzustoßen.<br />

Münteferings Vorschläge zielten u.a. auf eine<br />

Reaktivierung der Parteiarbeit unter verstärkter<br />

Ansprache von Nicht-Mitgliedern vor Ort, auf<br />

die Qualifizierung der ehrenamtlichen Mandatsträger<br />

und Parteiaktiven, eine stringente Internet-basierte<br />

Vernetzung der Parteigliederungen;<br />

insgesamt gesehen wiesen seine Thesen eine<br />

große Deckungsgleichheit zu den Empfehlungen<br />

der Projektgruppe ‚SPD 2000’ auf. (Leif<br />

2001: 72) Bei allen Bekenntnissen zur Mitgliederpartei<br />

trat Müntefering dezidiert für eine<br />

sehr weitgehende Öffnung der Parteiarbeit ein:<br />

„In einer Demokratie Partei zu sein, heißt nicht<br />

zwingend, in einer Partei zu sein, sich in und<br />

mit einer Partei zu engagieren.“ (Müntefering<br />

2000: 337)<br />

Müntefering sprach sich auch dafür aus, die<br />

direkte Beteiligung der Bürger in der Politik<br />

auch außerhalb von Parteien auszubauen; dazu<br />

zählten die Einführung von Volksentscheiden<br />

auf Bundesebene, die Einführung des Kumulierens<br />

bei Kommunalwahlen und die Einführung<br />

von Vorwahlen. Er wollte auch Nicht-Parteimitgliedern<br />

das Recht einräumen, bei Vorwahlen<br />

nach US-amerikanischem Vorbild an der<br />

Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahlen<br />

2006 mitzuentscheiden. Dafür strebte

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