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»Ausgangssituation« der im Transformationsprozeß relevanten Akteure 105<br />

die SPD zu keiner Zeit ernsthaft damit gedroht, daß ihre gegenüber der Bundesregierung<br />

abweichende Position zu Fragen der Organisation des Gesundheitssystems<br />

sie zu einer Ablehnung des ersten Staatsvertrages beziehungsweise<br />

des Einigungsvertrags veranlassen würde.<br />

Nach der Vereinigung stand der Mehrheit im Parlament und der Regierung –<br />

über die Bundesratsmehrheit und die dadurch ausgelösten Konsenszwänge<br />

aber auch in eingeschränkterem Umfang der Bundestagsminderheit – die<br />

Möglichkeit offen, durch Veränderung der durch den EV geschaffenen gesetzlichen<br />

Regelungen die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für<br />

Ostdeutschland zu verändern. »Unterhalb« der Ebene von Gesetzgebungsinitiativen<br />

besaß die Bundesregierung zudem eine Reihe weiterer Möglichkeiten,<br />

die Implementation der Regelungen des EV zu beeinflussen: Durch<br />

»quasi-amtliche« Gesetzesinterpretationen konnte sie ebenso wie über das<br />

Institut der Rechtsaufsicht (über die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die<br />

Spitzenverbände der Krankenkassen und bundesweit tätige Krankenkassen)<br />

versuchen, ihre Auffassung über die »rechtmäßige« Auslegung des von den<br />

Vertragspartnern des Einigungsvertrags Gewollten hinsichtlich der Ausgestaltung<br />

des Gesundheitssektors in Ostdeutschland durchzusetzen. Auch hätte<br />

sich die Bundesregierung im Rahmen des korporativen gesundheitspolitischen<br />

Netzwerkes bemühen können, durch Verhandlungen, bei denen sie im<br />

Tausch für Wohlverhalten im Transformationsprozeß Zugeständnisse zu anderen<br />

Fragen in Aussicht stellte, auf die verbandlichen beziehungsweise parastaatlichen<br />

Akteure einzuwirken. Einflußmöglichkeiten konnte sie schließlich<br />

auch über ihre Rolle als dominanter Financier des Einigungsprozesses,<br />

also über die Ressource »Geld«, nutzen – zum Beispiel über die Formulierung<br />

von Vergabebedingungen für Transfers in die neuen Länder.<br />

Die Zusammensetzung der Regierungsmehrheit im Bundestag und damit<br />

die Regierungskoalition änderte sich durch die der Vereinigung im Dezember<br />

1990 folgenden ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen nicht. Ist der Akteur<br />

Bundesregierung daher vor und nach der Vereinigung identisch, so<br />

brachte die Regierungsneubildung für die 12. Legislaturperiode allerdings<br />

insoweit eine für den vorliegenden Kontext relevante Änderung mit sich, als<br />

die Zuständigkeit für die Gesetzliche Krankenversicherung (und damit auch<br />

für die sämtlich im Sachzusammenhang des Krankenversicherungsrechts<br />

stehenden Regelungen zur ambulanten Versorgung in Ostdeutschland) aus<br />

dem BMA herausgelöst und in ein neu gegründetes Bundesministerium für<br />

Gesundheit (BMG) verlagert wurde (vgl. Organisationserlaß des Bundeskanzlers<br />

vom 24.1.1991, BGBl. I, S. 530) – eine Veränderung, die nicht nur

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