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274 Kapitel 7<br />

7.2 »Strategische Planung« oder »kaum beeinflußbare<br />

Eigendynamik?«<br />

Der Transformationsprozeß vom poliklinischen zum kassenärztlichen System<br />

wurde – wie in Abschnitt 1.1 gezeigt – sehr unterschiedlichen Charakterisierungen<br />

unterzogen, die von »strategischer Planung« (Offe 1992) und<br />

»erzwungenem Strukturwandel« (Braun/Müller 1993) einerseits bis hin zu<br />

»kaum beeinflußbarer Eigendynamik« (Landesregierung Sachsen-Anhalt<br />

1992) andererseits reichten.<br />

Die vorliegende Untersuchung hat deutlich gemacht, daß der Wandel einerseits<br />

Ergebnis des zu diesem Zeitpunkt bestehenden gesundheitspolitischen<br />

Kräfteverhältnisses in (West-)Deutschland war: Diejenigen Akteure,<br />

die eine möglichst rasche und möglichst unmodifizierte Übertragung des<br />

westdeutschen Kassenarztrechts auf die neuen Länder wollten, konnten sich<br />

durchsetzen – nicht nur gegenüber anderen (west-)deutschen gesundheitspolitischen<br />

Akteuren, sondern auch gegenüber einer Mehrheit ostdeutscher<br />

Ärzte mit anderen Vorstellungen. Insoweit ist der Strukturwandel als »erzwungen«<br />

zu bezeichnen. Zugleich waren die Wirkungsrichtungen von Entscheidungen<br />

und Maßnahmen wie der zeitlichen Befristung der Zulassung<br />

der Polikliniken bis Ende 1995 und der zu niedrigen Abschlagszahlungen für<br />

poliklinische Leistungen zum Jahresbeginn 1990 ebenso »geplant« wie die<br />

Wirkungsrichtung von Überzeugungs- und (selektiven, Informationsasymmetrien<br />

ausnutzenden) Informationstätigkeiten (»Erwartungsmanagement«)<br />

der »change agents«.<br />

Andererseits aber hat die Untersuchung auch gezeigt, daß die spezifische<br />

Dynamik des Transformationsprozesses sich nicht linear aus einzelnen dieser<br />

Entscheidungen und Maßnahmen ableiten läßt. Es ist zwar davon auszugehen,<br />

daß die Setzungen der Rahmenbedingungen durch die westdeutschen<br />

Akteure im Sommer und Herbst 1990 auch für sich allein genommen bereits<br />

ein erhebliches Gewicht hatten und die Entscheidungen von Ärzten zugunsten<br />

der Niederlassung wesentlich beeinflußt haben dürften. Die große Dynamik,<br />

die der Transformationsprozeß dann aber ab Jahresbeginn 1991 erhielt,<br />

erscheint jedoch nicht allein hierdurch ausgelöst, sondern vielmehr als<br />

Ergebnis der Interaktion der Wirkungen der unterschiedlichen Aktivitäten<br />

west- und ostdeutscher Akteure miteinander, der »externen« Einflußfaktoren<br />

(insbesondere der zu Beginn des neuen Niederlassungsrechts ausgeprägten<br />

Finanzknappheit ostdeutscher Kommunen) und des sich ergebenden Rückkoppelungs-<br />

und Verstärkungseffektes zwischen kommunalem Handeln und

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