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Vierzig Jahre unterschiedlicher Gesellschafts- und Gesundheitspolitik 53<br />

latenten Drohung des Rückgriffs auf das letztlich verfügbare direkte staatliche<br />

Interventionspotential (Streeck/Schmitter 1985: 147).<br />

Diese generelle Feststellung gilt für das bundesdeutsche Gesundheitssystem<br />

– und hier gerade für den ambulanten Sektor – in besonderem Maße:<br />

Steuerungsentscheidungen in diesem Sektor werden typischerweise nicht alleine<br />

durch staatliche Institutionen getroffen. Vielmehr setzt der Staat zwar<br />

einen regulativen Rahmen, schafft die zur Steuerung vorgesehenen Institutionen<br />

(bzw. verleiht autonom entstandenen korporativen Akteuren öffentlich-rechtlichen<br />

Charakter und/oder belehnt sie mit quasi-öffentlichen Aufgaben)<br />

und grenzt deren Kompetenzen voneinander ab, überläßt diesen Akteuren<br />

jedoch – unter seiner Aufsicht, teilweise mit gesetzlich eingeräumten<br />

Ersatzvornahmevorbehalten – weitgehende Ausgestaltungsrechte (Neubauer<br />

1987, 1988; Alber 1992: 95–102).<br />

Auch die seit Mitte der siebziger Jahre vorherrschende Kostendämpfungspolitik<br />

– in deren erster Phase der ambulante Sektor insbesondere im<br />

Mittelpunkt stand – ist in besonderem Maße durch dieses Politikmuster gekennzeichnet,<br />

wurden hierbei doch wesentlich die korporativen Akteure der<br />

»gemeinsamen Selbstverwaltung« (Neubauer/Rebscher 1984) des ambulanten<br />

Sektors 34 zur Selbstregulierung – im Rahmen gesetzlich formulierter<br />

Zielvorgaben und unter staatlicher Interventionsdrohung für den Fall der<br />

Verweigerung – verpflichtet (Groser 1993; Wasem 1993c: 141–146). Hierzu<br />

hat der Gesetzgeber die institutionellen Rahmenbedingungen für die Akteure<br />

der Selbstverwaltung in mehreren Kostendämpfungsgesetzen zu verändern<br />

gesucht, um die Verhandlungsstärke der Krankenkassenseite gegenüber der<br />

Seite der Kassenärzte zu erhöhen. 35<br />

Im Ergebnis hat sich bezüglich des ambulanten Versorgungsbereiches eine<br />

äußerst komplexe Governance-Struktur 36 herausgebildet, in der ein intertemporal<br />

hoch stabiles Netzwerk korporativer Akteure (Döhler 1991) durch<br />

eine breite Vielfalt eingesetzter Instrumente und Interventionsformen (»Vielfachsteuerung«;<br />

Herder-Dorneich/Wasem 1986) Steuerungsleistungen erbringt,<br />

dessen Steuerungsergebnisse sich in einer außerordentlichen Heterogenität<br />

von Typen von Rechtsquellen (Ebsen 1994) widerspiegeln.<br />

34 Krankenkassenverbände, KBV und KVen sowie gemeinsame Gremien dieser Beteiligten,<br />

wie etwa der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen (zu letzterem: Döhler/Manow-Borgwardt<br />

1992b).<br />

35 Dazu etwa Ryll (1993).<br />

36 Vgl. zum »Governance«-Konzept etwa Kooiman/van Vliet (1993). Zur Anwendung auf<br />

das bundesdeutsche Gesundheitssystem vgl. etwa Blanke (1994).

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