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122 Kapitel 4<br />

Gemeinsam ist den meisten Ärzten auch der Wunsch nach einer Verbesserung<br />

der medizinischen Handlungsmöglichkeiten. Hierbei bemühte sich<br />

die Mehrzahl der Ärzte offenbar um eine differenzierte Beurteilung der Leistungsfähigkeit<br />

des ostdeutschen Gesundheitssystems im Vergleich zu seinem<br />

westdeutschen Gegenüber: So sehen sie eher weniger Verbesserungspotentiale<br />

in der Prävention und in der Chronikerbetreuung, halten sie doch in<br />

diesen Bereichen das bisherige DDR-Gesundheitssystem überwiegend für<br />

erfolgreich. 25<br />

Demgegenüber artikuliert eine große Mehrheit Wünsche nach einer besseren<br />

medizinisch-technischen Ausstattung – allerdings besteht zugleich bei<br />

vielen der Eindruck, in den westdeutschen Arztpraxen sei »die Welt der Apparate<br />

zu stark in den Vordergrund gerückt« (Wilhelm et al. 1993:177).<br />

Strukturelemente des ostdeutschen Gesundheitssystems wie eine von den<br />

Ärzten gesehene Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung,<br />

Kooperation zwischen Ärzten, aber auch Kooperation zwischen Ärzten<br />

und nichtärztlichem Gesundheitspersonal, werden weit überwiegend als<br />

erhaltenswert angesehen (Wilhelm et al. 1993: 187, 191).<br />

Die große Mehrheit der Ärzte wünscht sich schließlich eine Vergrößerung<br />

der Autonomie in der Arbeitsgestaltung: Insgesamt hatte sich in den achtziger<br />

Jahren gezeigt, daß nur rund die Hälfte der ambulant tätigen Ärzte in der<br />

DDR mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden war. 26 Besonders die bisherige<br />

strikte Reglementierung des ärztlichen Arbeitsalltags durch Vorgaben des<br />

Staates beziehungsweise der Poliklinikleitungen wird als des professionellen<br />

Status unwürdig empfunden. Verbesserungen erhofft man sich etwa hinsichtlich<br />

»Vorgaben, Reglementierung, fachfremden Bürokratismus, Berichtswesen<br />

(Statistiken) und anderen beruflich nicht gerechtfertigten Kontrollen«<br />

(Wilhelm et al. 1993: 160). Positiv an den bisherigen Arbeitsbedingungen<br />

empfinden sie hingegen weit überwiegend die Kollegialität und das Fehlen<br />

von Konkurrenz zwischen den Ärzten (Wilhelm et al. 1993: 151, 171).<br />

Gilt hierbei, daß »Kritik und Befürwortung [des bisherigen DDR-Gesundheitswesens]<br />

in ihrer inneren Widersprüchlichkeit bei nahezu jedem<br />

Arzt zu erkennen sind« (Wilhelm et al. 1993: 188), so wird zugleich das bundesdeutsche<br />

ambulante Gesundheitssystem von einer großen Mehrheit der<br />

Ärzte ebenfalls ambivalent beurteilt: Zwar werden die freie Niederlassungsmöglichkeit,<br />

die Pluralität der Finanzierungsstrukturen und die größere Res-<br />

25 Vgl. Wilhelm et al. (1993: 187, 191); Interviews mjw22031; mjw19071.<br />

26 Vgl. Wiesenhütter (1991: 24) mit Hinweisen auf weitere Untersuchungen.

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