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42 Kapitel 2<br />

gungsdefiziten angestellt worden waren (Häussler/Schräder/Schulz 1990:<br />

11). Auch dieses institutionelle Arrangement wurde in der nationalsozialistischen<br />

Phase auf Betreiben der Ärzteschaft, die eine Behandlung ausschließlich<br />

durch Niedergelassene anstrebten, im Grundsatz abgeschafft und lebte<br />

nur in wenigen Fällen während des Zweiten Weltkriegs wieder auf (Kirchberger<br />

1986: 223–225). Schließlich wurde ambulante Behandlung im Vorkriegsdeutschland<br />

auch – in geringerem Umfang und ohne ausdrückliche gesetzliche<br />

Regelung (Schäfer 1952) – in Krankenhäusern sowie in den Krankenhäusern<br />

angeschlossenen »Polikliniken« durchgeführt, eine Form der Leistungserbringung,<br />

die auch während des Zweiten Weltkriegs erhalten blieb.<br />

Insgesamt fanden die alliierten Siegermächte, die im Juni 1945 die »oberste<br />

Regierungsgewalt in Deutschland« einschließlich »aller Befugnisse der<br />

deutschen Regierung« übernommen hatten, 11 damit in bezug auf die ambulante<br />

ärztliche Gesundheitsversorgung eine Situation des Vorrangs der Erbringung<br />

ambulanter ärztlicher Leistungen durch niedergelassene Ärzte vor,<br />

der während der nationalsozialistischen Herrschaft im Vergleich zur Entwicklung<br />

vor 1933 ausgebaut worden war. Durch das Instrument der Kollektivverträge<br />

hatten sich die niedergelassenen Ärzte zudem aus der individuellen<br />

Abhängigkeit von den Krankenkassen befreien können und partizipierten<br />

über die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands und den Reichsausschuß<br />

der Ärzte und Krankenkassen an der Steuerung ihres Sektors.<br />

Nachdem der von den Besatzungsmächten als gemeinsames höchstes<br />

Machtorgan für Deutschland eingesetzte Alliierte Kontrollrat infolge des sich<br />

rasch entwickelnden Ost-West-Gegensatzes die ihm zugedachte Koordinierungsfunktion<br />

faktisch kaum wahrnehmen konnte, wurden auch im Bereich<br />

des Gesundheitssystems die Strukturentscheidungen für den Wiederaufbau<br />

weitgehend von den einzelnen Besatzungsmächten in ihren jeweiligen Zonen<br />

getroffen. Dies gilt insbesondere für das Gesundheitssystem »im engeren<br />

Sinne«, in bezug auf welches es lediglich vereinzelt zu Kontrollratsdirektiven<br />

kam, 12 das Schwergewicht von Beginn an aber auf den je eigenen Politiken<br />

der Siegermächte in ihren Besatzungszonen lag. Demgegenüber nahm<br />

das Bemühen um eine gemeinsame Krankenversicherungspolitik der vier<br />

Mächte – und damit um das Gesundheitssystem »im weiteren Sinne« – im<br />

11 Vgl. die Erklärung der Alliierten vom 5. Juni 1945, abgedruckt z.B. in Ellwein/Hesse<br />

(1987: 461).<br />

12 So wurde etwa die Reichsärztekammer durch Kontrollratsbeschluß aufgelöst, auch kam es<br />

zunächst zu gemeinsamen Beschlüssen in Einzelaspekten der Bekämpfung von Epidemien<br />

(dazu: Kirchberger 1986).

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