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Fragestellung und Datenbasis 29<br />

In der Untersuchung der Dynamik des Transformationsprozesses des ambulanten<br />

Gesundheitssystems in Ostdeutschland werden wir auf alle drei Typen<br />

von Akteuren – Individuen, korporative Akteure und aggregierte Akteure –<br />

treffen. Durch Rekonstruktion der »Logik der Situation«, in der sich diese<br />

verschiedenen Akteure im Transformationsprozeß befanden, durch Analyse<br />

ihrer »Logik der Selektion« zwischen den von ihnen wahrgenommenen<br />

Handlungsalternativen und durch Analyse der sich aus den Handlungen der<br />

Akteure – und insbesondere deren wechselseitigen Interdependenzen –<br />

ergebenden »Logik der Aggregation« (Esser/Troitzsch 1991: 18) soll das<br />

interessierende makrostrukturelle Phänomen (also die hohe Dynamik des<br />

Systemwechsels beziehungsweise der Diffusion der sozialen Innovation)<br />

erklärt und insoweit ein Beitrag zur Gesundheitssystemforschung geleistet<br />

werden.<br />

Abrams hat darauf hingewiesen, daß bei der sozialwissenschaftlichen Rekonstruktion<br />

und Analyse singulärer »Ereignisse« (wie dem Transformationsprozeß<br />

der Leistungsstrukturen der ambulanten Versorgung) insbesondere<br />

drei Probleme bestehen: »the problem of detail, the problem of concreteness,<br />

and the problem of uniqueness« (Abrams 1982: 193). Anders als unter<br />

Umständen in einer historischen Arbeit, 33 ist mit dieser sozialwissenschaftlichen<br />

Untersuchung keine – möglichst alle konkreten Details umfassend zusammentragende,<br />

der historischen Einzigartigkeit des untersuchten Ereignisses<br />

Rechnung tragende – »Nacherzählung« beabsichtigt. Vielmehr geht es<br />

darum, das empirische Material so weit aufzubereiten, daß aus den Akteurkonstellationen<br />

analytisch isolierbare Muster erkannt und für eine theoretisch<br />

verallgemeinerungsfähige Erklärung geordnet werden können.<br />

Lindenberg hat vorgeschlagen, bei dieser sozialwissenschaftlichen Rekonstruktion<br />

nach dem »Prinzip der abnehmenden Abstraktion« vorzugehen<br />

(Lindenberg 1991): Danach sind spezifische Einzelaspekte eines Ereignisses<br />

nur insoweit in die Analyse einzubeziehen, wie makrostrukturelle, insbesondere<br />

institutionelle Kontexte aus sich selbst heraus nicht hinreichend erklärungskräftig<br />

sind. Allerdings ist davon auszugehen, daß gerade in Umbruchsituationen,<br />

wie sie etwa im Zuge der deutschen Vereinigung in Ostdeutschland<br />

auftraten, institutionelle Strukturen ihre Orientierungswirksamkeit ver-<br />

33 So spricht etwa Luhmann (1986a: 150–152) der Geschichtswissenschaft diese, das Singuläre<br />

umfassend zusammentragende, narrative Aufgabe zu, hält es jedoch für relativ chancenlos,<br />

daß Sozialwissenschaftler durch die Bearbeitung von Ereignissen und dem darin<br />

enthaltenen Akteurhandeln zu theoretisch relevanten Erklärungen kommen können (Luhmann<br />

1988: 132, Fußnote 9).

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