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Die poliklinischen Strukturen in der Auflösung 245<br />

Die Ärztekammer bot daraufhin an, mit einer von ihr gegründeten »Tochtergesellschaft«<br />

die Trägerfunktion für alle wirtschaftlich geführten Einrichtungen<br />

zu übernehmen, 108 jedoch entschied sich der Senat, nunmehr alleine<br />

eine Trägergesellschaft für die 12 Einrichtungen zu gründen. Die Trägergesellschaft<br />

sollte nur noch den Status einer nicht rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen<br />

Rechts haben, damit aber wesentlich geringere finanzielle und<br />

personelle Autonomie als in den bisherigen Konzepten. Investitionen sollten<br />

ausschließlich aus laufenden Überschüssen der Einrichtungen, nicht hingegen<br />

auf Kredit getätigt werden dürfen. 109 Die Bezirke hätten in ihrer eigenen<br />

Trägerschaft Polikliniken und Ambulatorien halten können, jedoch standen<br />

ihnen weder Mittel für eine eventuelle Defizitabdeckung, noch Mittel für Investitionen<br />

in die Bausubstanz der Immobilien zur Verfügung.<br />

Zum Jahreswechsel 1991/92 – die Gründung der Trägergesellschaft war<br />

juristisch noch nicht vollzogen – setzte sowohl in den für die Trägergesellschaft<br />

vorgesehenen, wie auch in den weiterhin bezirklichen Einrichtungen<br />

eine massive Kündigungswelle ein, in deren Verlauf von den noch rund<br />

6 100 Beschäftigten der Einrichtungen mehr als 2 000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz<br />

verloren. 110 Zwar wurde nach einer Anhörung im Gesundheitsausschuß<br />

des Abgeordnetenhauses in letzter Minute die Regelung, daß nur<br />

Ärzte über 50 Jahre im Angestelltenverhältnis bleiben durften, aufgrund eines<br />

breiten Konsenses unter allen Fraktionen fallengelassen, und die Zahl<br />

der Einrichtungen unter dem Trägerkonzept wurde auf 15 erhöht. 111 Dennoch<br />

wurden auch mehr als 200 Kündigungen gegenüber Ärzten ausgesprochen<br />

(Interview mjw14011), und die Niederlassungszahlen schnellten infolge<br />

dieser Entwicklungen in den letzten Wochen des Jahres 1991 in die Höhe<br />

und erreichten in den ersten Wochen des Jahres 1992 nahezu eine dem übrigen<br />

Beitrittsgebiet vergleichbare Größenordnung.<br />

(laut Interviewaussage) einerseits sein inhaltliches Interesse an einer Mitwirkung verlor,<br />

da der vom Gesundheitsressort nunmehr vorgelegte Vorschlag nur noch eine »Abwicklungskonzeption«,<br />

hingegen keine »Weiterentwicklungskonzeption« beinhalte (Interview<br />

mjw16011), und andererseits argumentierte, bei der nunmehr vorgesehenen Anmietung<br />

von Immobilien durch die Trägergesellschaft würde der ASB selbst seine Gemeinnützigkeit<br />

gefährden (Arbeitersamariterbund Landesverband Berlin 1991), vermutete die Senatsverwaltung,<br />

dem ASB wäre es in erster Linie darauf angekommen, sich durch die Beteiligung<br />

an der Trägergesellschaft einen potentiellen Zugriff auf die poliklinischen Immobilien<br />

zu sichern (Interview mjw07101).<br />

108 Vgl. Ärzte-Zeitung vom 13./14.12.1991.<br />

109 Vgl. Ärztekammer Berlin (1991a).<br />

110 Vgl. Tagesspiegel vom 18.12.1991.<br />

111 Vgl. Ärzte-Zeitung vom 16.12.1991.

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