20.11.2017 Aufrufe

download - Campus Verlag

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

270 Kapitel 7<br />

als gesichert erscheint, wenn die Polikliniken zur Versorgung noch benötigt<br />

werden, wird die poliklinische Alternative um so »unsicherer« je<br />

mehr Ärzte sich für die Niederlassung entscheiden.<br />

– Die relative Vorteilhaftigkeit der Niederlassung wurde durch die in der<br />

zwischenstaatlichen und der Selbstverwaltungs-Arena getroffenen Regelungen<br />

aber nicht nur direkt für die einzelnen ostdeutschen Ärzte verändert<br />

– als wesentlich erwies sich vielmehr auch ein indirekter Effekt auf<br />

die Ärzte über die Wirkung dieser Regelungen auf die ostdeutschen<br />

Kommunen als Träger der poliklinischen Einrichtungen (vgl. Abschnitte<br />

5.2 und 6.1): Unter dem Eindruck der Regelungen des Einigungsvertrages<br />

und der Vereinbarungen der gemeinsamen Selbstverwaltung einerseits,<br />

der Informationsabgabe der seit Frühjahr 1990 in Ostdeutschland tätigen<br />

westdeutschen Ärzteverbände andererseits, fürchteten nicht wenige Kommunen<br />

seit Spätsommer 1990, die ihnen im Frühsommer 1990 zugefallene<br />

Trägerschaft über die poliklinischen Einrichtungen würde ab Jahresbeginn<br />

1991 die ohnehin zu diesem Zeitpunkt prekäre kommunale Finanzlage<br />

weiter beeinträchtigen. Sie begannen daher, entweder die Ärzte durch<br />

günstige Konditionen für die Niederlassung gewinnen zu wollen oder<br />

Druck auf sie in Richtung Niederlassung auszuüben, der teilweise bis zur<br />

Kündigung des poliklinischen Beschäftigungsverhältnisses ging – eine<br />

Entwicklung, die sich ab Jahresbeginn 1991 beschleunigte. Insbesondere<br />

diese Kündigungen durch die Poliklinikträger führten zu »tiefsitzenden<br />

Dysphorien und Existenzängsten« (Wilhelm et al. 1993: 150) nicht nur<br />

bei den direkt von solchen Maßnahmen betroffenen Ärzten, sondern auch<br />

bei den hiervon Kenntnis erhaltenden – eine erneute Neueinschätzung der<br />

relativen Vorteilhaftigkeit der eigenen Niederlassung war daher auch bei<br />

den nicht unmittelbar betroffenen Ärzten vielfach die Folge.<br />

– Erheblichen Einfluß auf die rasche Dynamik im Transformationsprozeß<br />

hatte schließlich das (in Abschnitt 6.1 näher untersuchte) sich selbst verstärkende<br />

Wechselspiel von Niederlassungen und kommunalen Entscheidungen.<br />

Zum Verständnis dieses Prozesses erscheint das Konzept einer<br />

»Produktionsfunktion kollektiver Ereignisse« nützlich, wonach das Ausmaß,<br />

in dem ein kollektives Ereignis (hier: die Realisierung des Modells<br />

»Niederlassung«) realisiert wird, von der Zahl der Teilnehmer abhängt,<br />

wobei die relative Vorteilhaftigkeit einer Teilnahme für den einzelnen<br />

wiederum von der Anzahl der bereits teilnehmenden übrigen Akteure abhängt<br />

– Richtung und Ausmaß der Veränderung der Vorteilhaftigkeit einer<br />

Teilnahme bei sich ändernder Zahl der übrigen Teilnehmenden wer-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!