download - Campus Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Setzung der Rahmenbedingungen für das ambulante Versorgungssystem 143<br />
deren Kassenarten, insbesondere der Ortskrankenkassen, die zwar (wie ja soeben<br />
erst dokumentiert) diese Vorstellungen versorgungspolitisch durchaus<br />
teilten, jedoch die Befürchtung hegten, daß »eine Einheit ›Betrieb, Betriebspoliklinik,<br />
Betriebskrankenkasse‹ den Betriebskrankenkassen einen erheblichen<br />
Startvorteil in Ostdeutschland ermöglicht hätte« (Interview mjw28121).<br />
Angesichts des nahezu einhelligen Widerstandes gegen weiterreichende<br />
Modifikationen des westdeutschen Status quo und entsprechender »Interventionen«<br />
insbesondere der Ärzteschaft im Bundeskanzleramt, 35 konnten BMA<br />
und MfG diese Positionen nicht länger durchhalten. 36 Folglich einigten sich<br />
die Akteure schließlich auf spürbar weniger weitreichende Abweichungen<br />
von den für Westdeutschland geltenden Regelungen. Diese wurden zunächst<br />
für die Anpassungsgesetze der DDR beschlossen, die für die Zeit bis zum<br />
31.12.1990 Gültigkeit haben sollten, fanden jedoch kurze Zeit später mit in<br />
wesentlichen Fragen überwiegend identischem Inhalt ebenfalls Eingang in<br />
die ab 1.1.1991 geltenden krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften des<br />
Einigungsvertrages.<br />
Nach diesen Regelungen wurde die ambulante Versorgung grundsätzlich<br />
nach den »Spielregeln« des westdeutschen Kassenarztrechtes organisiert. 37<br />
Hierzu wurde zunächst festgelegt, daß in Ostdeutschland – mit Ausnahme<br />
blik zurückschlagen muß. Ich kann daher nur hoffen, daß die uns zugegangenen Berichte<br />
nicht den Tatsachen entsprechen und Sie auch für die DDR an einem Versorgungssystem<br />
durch ambulant in freier Praxis niedergelassene Kassenärzte mit uns gemeinsam festhalten.«<br />
(Kopie des Schreibens liegt dem Verfasser vor.)<br />
35 Vgl. Ärzte-Zeitung sowie Handelsblatt vom 13./14.7.1990.<br />
36 Der DDR-Gesundheitsminister, Kleditsch, stand den Versuchen des BMA, »poliklinikfreundlichere«<br />
Rahmenbedingungen durchzusetzen, ohnehin reserviert gegenüber. Er<br />
legte hingegen größeres Gewicht darauf, durch ein »Rationalisierungsschutzabkommen«<br />
Arbeitslosigkeit von (insbesondere nichtärztlichen) Mitarbeitern von Polikliniken zu vermeiden<br />
(Interview mjw01101). Die am 12.6.1990 zwischen dem MfG und dem Zentralvorstand<br />
der Gewerkschaft Gesundheits- und Sozialwesen der DDR geschlossene »Vereinbarung<br />
über den Schutz für Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen bei Rationalisierungsmaßnahmen<br />
und Strukturveränderungen« ist allerdings nach Rechtsauffassung<br />
der zuständigen west- beziehungsweise gesamtdeutschen Ressorts (BMA u. BMI)<br />
wegen nicht erfolgter »Registrierung« gemäß des Arbeitsgesetzbuches der DDR nicht<br />
rechtswirksam geworden; sie hat im Transformationsprozeß auch keine wesentliche Rolle<br />
gespielt.<br />
37 Grundlage für diese prinzipielle Geltung auch des westdeutschen Kassenarztrechtes im<br />
Beitrittsgebiet war – wie auch für die übrigen Rechtsgebiete – die Regelung in Artikel 8<br />
des EV, wonach in Ostdeutschland Bundesrecht in Kraft trat, soweit nicht ausdrücklich<br />
etwas Abweichendes geregelt wurde. Die in Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt<br />
II des EV festgelegten »Überleitungsregelungen« für Ostdeutschland legten genau diese<br />
abweichenden Regelungen für das Sachgebiet »Krankenversicherung – Gesundheitliche<br />
Versorgung« fest.