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Die poliklinischen Strukturen in der Auflösung 219<br />

Aufschlußreich ist nun vor dem Hintergrund der im Herbst 1990 geäußerten<br />

Absichten über eine etwaige Niederlassung eine Analyse der Motive für<br />

die Niederlassung derjenigen, die diesen Schritt vollzogen haben, sowie der<br />

Motive für die Nicht-Niederlassung bei denjenigen, die diesen Schritt ein<br />

Jahr später noch nicht vollzogen hatten.<br />

Unter den Motiven für die Niederlassung ist zunächst der alles überwiegende<br />

Grund – unabhängig von der im Herbst 1990 geäußerten Niederlassungsabsicht<br />

– die Erwartung, einer ambulanten ärztlichen Tätigkeit im Angestelltenverhältnis<br />

längerfristig nicht nachgehen zu können. Auch bei denjenigen,<br />

die im Herbst 1990 schon zur Niederlassung entschlossen waren,<br />

hatte dies bereits die wichtigste Rolle gespielt, allerdings kommt hier auch<br />

dem Motiv der Art der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit beachtliches Gewicht<br />

bei (vgl. Tabelle 15).<br />

Demgegenüber ist der gewichtigste Grund für die Niederlassung bei<br />

Ärzten, die sich im Herbst 1990 über eine mögliche Niederlassung noch unschlüssig<br />

waren oder diese ablehnten, die drohende Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses.<br />

Wird zudem berücksichtigt, daß bei dieser Teilpopulation<br />

auch das weitere Motiv »Bereits ausgesprochene Kündigung« – wenn<br />

auch in der Rangskala weiter unten, da nur für einen Teil dieser Personen<br />

relevant – eine Rolle spielt und die langfristig größere Sicherheit des Arbeitsplatzes<br />

in der Rangfolge folgt, hingegen der Art der Ausübung der ärztlichen<br />

Tätigkeit und hiermit zusammenhängenden Gründen kein Gewicht<br />

beikommt, wird deutlich, daß diese Ärzte in erster Linie aufgrund der Tatsache,<br />

daß die faktischen Rahmenbedingungen ihnen keine andere Alternative<br />

ließen, in die Niederlassung gegangen sind. 50<br />

Daß diejenigen Ärzte, die im Herbst 1990 einer Niederlassung zumindest<br />

noch unentschlossen gegenüberstanden, eher durch den Zwang der Ereignisse<br />

als aufgrund innerer Überzeugung in die Niederlassung gegangen sind,<br />

wird auch durch eine Analyse des Niederlassungszeitpunktes der Ärzte erhärtet<br />

(vgl. Tabelle 15): Während von den Ärzten, die sich im Herbst 1990<br />

rund 22 Prozent waren in den öffentlichen Gesundheitsdienst übergewechselt, rund 18<br />

Prozent nunmehr Rentner und rund 6 Prozent arbeitslos.<br />

50 Dieses Ergebnis wird auch durch eine auf Sachsen-Anhalt beschränkte Untersuchung von<br />

Dathe/Werner (1991) bestätigt: Danach gaben 75 Prozent der im Juli und August 1991<br />

befragten, zwischenzeitlich niedergelassenen Ärzte aus Sachsen-Anhalt Existenzsicherung<br />

und Kündigung sowie mangelnde Überlebenschancen der Polikliniken als zentrales<br />

Motiv für die Niederlassung an, hingegen nur 25 Prozent Gründe, die auf die Vorstellung<br />

von einer »besseren« oder »selbstbestimmteren« ärztlichen Tätigkeit in der Niederlassung<br />

verweisen.

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