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50 Kapitel 2<br />

So übernahmen in einigen Bundesländern zunächst die Ärztekammern, in<br />

anderen die Versicherungsämter die Funktion von Kassenärztlichen Vereinigungen,<br />

die ab 1948 wieder errichtet wurden; auch war die Beteiligung der<br />

Krankenkassen an der Zulassung von Kassenärzten in diesen ersten Jahren<br />

unterschiedlich geregelt (Überblicke: Berger 1974; Deppe 1987a), und in<br />

sehr vereinzelten Fällen (insbesondere in Berlin) entstanden auch zeitweilig<br />

kasseneigene Ambulatorien und kommunale Polikliniken. Insgesamt aber<br />

stand zu keiner Zeit ernsthaft in Frage, daß die ambulante Versorgung im<br />

wesentlichen nur durch niedergelassene Ärzte erfolgen sollte.<br />

So kam es im Ergebnis nicht nur zur Wiederherstellung der kassenärztlichen<br />

Versorgungsstruktur, wie sie sich im Vorkriegsdeutschland herausgebildet<br />

hatte. Vielmehr gelang es den niedergelassenen Ärzten, insbesondere<br />

mit dem Gesetz über Kassenarztrecht (GKAR), noch weitere »Verbesserungen«<br />

ihrer Position gegenüber der Situation in der Weimarer Republik durchzusetzen,<br />

die ihnen nahezu eine »Monopolstellung« (Göckenjan 1987) sicherten:<br />

Die Kassenärztlichen Vereinigungen erhielten den Sicherstellungsauftrag<br />

für die ambulante ärztliche Behandlung der GKV-Versicherten. Sie<br />

hatten mit den Krankenkassen Kollektivverträge mit unmittelbarer Wirkung<br />

für und gegen den einzelnen Kassenarzt zu schließen (dazu: Küchenhoff<br />

1955: 418). Den Krankenkassen wurde es untersagt, ohne Zustimmung der<br />

Kassenärztlichen Vereinigungen weitere Eigeneinrichtungen mit angestellten<br />

Ärzten zu errichten. 29 Aufgrund der Sondersituation in der unmittelbaren<br />

Nachkriegszeit in Berlin-West noch bestehende kommunale Polikliniken<br />

konnten nur noch die ersten drei Jahre nach Inkrafttreten des GKAR zu Lasten<br />

der Krankenkassen Versicherte behandeln. 30<br />

Diese gesetzlich abgesicherte Position niedergelassener Ärzte wurde in<br />

den Folgejahrzehnten tendenziell weiter ausgebaut, etwa durch die Übertragung<br />

von Aufgaben der Prävention und Früherkennung, die nach traditionellem<br />

Verständnis dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zugeordnet waren<br />

(Rosewitz/Webber 1990: 113–146; Labisch/Tennstedt 1991).<br />

Alternative Organisationsformen der ambulanten ärztlichen Tätigkeit galten<br />

demgegenüber lange innerärztlich und in der öffentlichen Diskussion als<br />

illegitim – auch vor dem Hintergrund des »professionellen Kollektivgedächtnisses«<br />

(Döhler 1990: 30), das die Abwehr von Polikliniken und Ambulatorien<br />

verinnerlicht hatte. Entsprechend wurden Kritiken an den beste-<br />

29 § 368d Abs. 1 Satz 2 u. 3 RVO i.d.F. d. GKAR vom 17.8.1955 (BGBl. I, S. 514).<br />

30 Artikel 3 Abs. 1 Nr. 2 des GKAR.

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