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214 Kapitel 6<br />

den Polikliniker, dessen Gehalt in keinem direkten Zusammenhang zu der<br />

Zahl der von ihm versorgten Patienten steht, ergibt sich dieser Zusammenhang<br />

mittelbar: Wie skizziert wird ein erheblicher Teil der Träger eine Poliklinik<br />

schließen, wenn die Einrichtung insgesamt nicht die laufenden Kosten<br />

»einspielt«. Teilweise droht für den einzelnen Arzt auch die Kündigung, sofern<br />

er individuell nicht für sich und die ihm zugeordneten nichtärztlichen<br />

Mitarbeiter ausreichend Einnahmen erwirtschaftet. Daher ist das Patientenverhalten<br />

potentiell ein Faktor, der die Dynamik des Transformationsprozesses<br />

beeinflußt.<br />

Nach Groser (1992a: 188) würde eine Analyse der Entwicklung seit<br />

1991, die den »zweifellos vorhandenen Benachteiligungen der Polikliniken«<br />

eine »zentrale Rolle« zubilligte, das Gewicht der »Abstimmung mit den Füßen<br />

zugunsten der freiberuflichen Praxen« durch die Patienten vernachlässigen.<br />

Die hier durchgeführte Analyse der Entwicklung ist hingegen bislang<br />

weitgehend ohne die Patienten »ausgekommen«. Dieser Widerspruch verdient<br />

eine nähere Betrachtung.<br />

Zunächst ist Groser insoweit zuzustimmen, als sich die Patienten im Zuge<br />

des Transformationsprozesses in ihrer großen Mehrheit rasch von niedergelassenen<br />

Ärzten betreuen ließen: So hatten etwa in einer im ersten Halbjahr<br />

1992 durchgeführten Repräsentativbefragung im Beitrittsgebiet von denjenigen<br />

Bürgern mit ambulanten Kontakten in den letzten 12 Monaten rund 57<br />

Prozent diese Kontakte nur mit niedergelassenen Ärzten, 17 Prozent nur mit<br />

Ärzten an Polikliniken und Ambulatorien und 26 Prozent hatten Kontakt zu<br />

beiden Behandler-Typen (Epidemiologische Forschung Berlin/Infratest Gesundheitsforschung<br />

1993b).<br />

Allerdings erscheint zweifelhaft, ob hieraus für die entscheidende »Startphase«<br />

des Kassenarztrechts in größerem Umfang auf eine aktive Entscheidung<br />

der Patienten zugunsten der Behandlung spezifisch durch den Typus<br />

»niedergelassener« Ärzte (also eine Entscheidung gegen die Behandlung<br />

durch »Polikliniker«) geschlossen werden kann. Aus den geführten Experteninterviews<br />

39 ergibt sich vielmehr der Eindruck, daß die Patienten im Regelfall<br />

ihren bislang poliklinisch tätigen Ärzten »treu« geblieben und ihnen<br />

in die Niederlassung gefolgt sind. Auch sofern Arztwechsel stattfanden,<br />

drückten diese (und zwar sowohl bei niedergelassenen wie bei poliklinisch<br />

tätig gebliebenen Ärzten) häufig andere Ursachen aus – so verloren etwa<br />

Ärzte, die im Zuge ihrer Niederlassung die Praxisräume wechseln mußten,<br />

39 Interviews mew19081; mew19083; mjw16012; mjw11041; mjw02102; mjw01103.

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