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276 Kapitel 7<br />

für den eigendynamischen Prozeß zunächst verfehlt wurde und wo es der<br />

nachlassende Steuerungswille war, der dann (mit gegenüber den anderen<br />

ostdeutschen Ländern einjähriger Verspätung) zur dominanten Durchsetzung<br />

des Modelles Niederlassung führte. 19 Daß Steuerungsbereitschaft alleine allerdings<br />

auch nicht ausreichte, zeigte das Beispiel des »Brandenburger Modelles«,<br />

bei dem (im Gegensatz zur zunächst in Berlin vorfindbaren Situation)<br />

insbesondere der geeignete Zeitpunkt, zu dem der eigendynamische Charakter<br />

des Erosionsprozesses der Polikliniken noch hätte gestoppt werden können,<br />

»verpaßt« wurde.<br />

Der Fall Brandenburgs macht besonders deutlich, daß die einzelnen Kreise<br />

und kreisfreien Städte sich im Transformationsprozeß im gesamten Beitrittsgebiet<br />

als »kritische Größe« erwiesen – hätten diese Poliklinikträger<br />

nicht durch umfangreiche (Androhungen von) Kündigungen poliklinischer<br />

Beschäftigungsverhältnisse einen erheblichen Niederlassungsdruck ausgeübt,<br />

wäre eine wesentliche Ursache für den eigendynamischen Charakter des<br />

Prozesses nicht zum Tragen gekommen. Die Untersuchung in den Abschnitten<br />

5.2 und 6.1 hat gezeigt, daß die Kommunen – bei sehr heterogenen Zielsetzungen<br />

– sich insgesamt weit überwiegend nicht als zur Steuerung fähige<br />

Akteure, sondern nur als Steuerungsadressaten empfanden, die in ihrer eigenen<br />

Situationseinschätzung kaum über »Gegensteuerungspotentiale« verfügten,<br />

sondern sich möglichst rasch der Polikliniken entledigen mußten, wenn<br />

sie keine unwägbaren Risiken für die kommunalen Haushalte auf sich nehmen<br />

wollten.<br />

Nurmehr aggregierte Akteure wie die ostdeutschen Ärzte konnten<br />

schließlich je einzeln keinen merklichen Einfluß auf das Muster des Transformationsprozesses<br />

nehmen. Diejenigen Ärzte, die von Beginn an eine Niederlassung<br />

als ihren Zielvorstellungen am besten entgegenkommend ansahen,<br />

sahen ohnehin keine Notwendigkeit, einem dynamischen Prozeß in diese<br />

Richtung entgegenzusteuern. Für die zunächst deutliche Mehrheit der<br />

Ärzte, die es vorgezogen hätte, weiterhin in poliklinischen Strukturen tätig<br />

zu sein, ergab sich hingegen eine dem »Vergewisserungsspiel« 20 ähnliche<br />

19 Die vom Land Sachsen-Anhalt selbst unternommenen Steuerungsaktivitäten, nämlich die<br />

Förderung von Investitionen für poliklinische Einrichtungen, war allerdings tatsächlich<br />

nicht geeignet, den eigendynamischen Prozeß aufzuhalten (wie in Abschnitt 6.2 deutlich<br />

wurde, fehlte der Landesregierung hierzu auch eine entsprechende Steuerungsbereitschaft).<br />

20 Vgl. zur Analyse dieses »Assurance Game« etwa Sen (1967); Runge (1984); Bates (1988).<br />

Vgl. ausführlicher zur Charakterisierung der Situation der Ärzte als Assurance Game Wasem<br />

(1992b: 128–130).

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