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28 Kapitel 1<br />

– Neben Individuen und korporativen Akteuren werden wir in der empirischen<br />

Untersuchung schließlich auf sogenannte »aggregierte« Akteure<br />

treffen. Unter »aggregierten« Akteuren soll eine »Gruppe« von Individuen<br />

(oder auch Organisationen) verstanden werden, die sich in einer gemeinsamen<br />

Lage befinden, in gewisser Weise auch wechselseitig beobachten<br />

und die Wirkungen des Handelns der jeweils anderen abschätzen<br />

können, jedoch hierbei – insbesondere aufgrund der hohen Zahl betroffener<br />

Individuen – nicht abgestimmt, sondern nur je einzeln handeln und<br />

entscheiden (Scharpf 1990: 18–21). 31<br />

Insbesondere bei der Diffusion sozialer Innovationen (wie des Modelles<br />

»Niederlassung«) bedeutet nichtabgestimmtes, je individuelles Handeln<br />

allerdings nicht »Unabhängigkeit« der Handlungen beziehungsweise<br />

Entscheidungen der einzelnen Akteure voneinander: Vielmehr kann das<br />

Verhalten eines einzelnen »Mitglieds« einer solchen Gruppe von Akteuren<br />

– aus Gründen kognitiver, emotionaler oder »technischer« Art – auch<br />

davon abhängig sein, was die jeweils anderen dieser Gruppe tun. 32 Auch<br />

steuerungsinteressierte (z.B. staatliche oder verbandliche) korporative<br />

Akteure können sich diese wechselseitigen Abhängigkeiten zunutze machen<br />

(vgl. dazu Schimank/Wasem 1995).<br />

Verfassung« in der Weise, daß nunmehr die Möglichkeit, für Mitglieder beziehungsweise<br />

Angehörige verbindliche Entscheidungen der Organisation zu bewirken, faktisch nicht<br />

mehr besteht, »degeneriert« die Organisation zu einem, unter dem Begriff des »Regimes«<br />

subsumierbaren, »institutionelle[n] und normative[n] Arrangement zur Handlungskonzertierung«<br />

(Schneider/Werle 1988: 11).<br />

31 Insoweit unterscheiden sich »aggregierte Akteure« von der (im vorliegenden empirischen<br />

Fall nicht relevanten) Kategorie sogenannter »kollektiver« Akteure – etwa sozialer Bewegungen<br />

(Scharpf 1990: 15) –, die bei Fehlen eines organisatorischen Unterbaus und verbindlicher<br />

binnenstruktureller Entscheidungsregeln durch absichtsvolle Selbstkoordination<br />

zusammengefaßt werden: Kollektive Akteure sind damit zwar kaum zu langfristigen Strategien<br />

in der Lage, wohl aber zu kurzfristigen gemeinsamen Handlungen fähig.<br />

32 Diffusionstheoretische Modellierungen fokussieren üblicherweise auf Interdependenzen,<br />

die daraus resultieren, daß Akteure, die eine Innovation bereits übernommen haben, auf<br />

Akteure treffen, die eine solche noch nicht übernommen haben, und so eine »Ansteckung«<br />

bewirkt werden kann, die zu einer Ausbreitung der Innovation führt (vgl. etwa typische<br />

Modellierungen bei Brown 1981; Diekmann 1992). Demgegenüber betonen »Schwellenwert-Modelle«<br />

(etwa Granovetter 1978; Granovetter/Soong 1986) und Modelle von »Produktionsfunktionen<br />

kollektiver Ereignisse« (Oliver/Marwell/Teixeira 1985; Marwell/<br />

Oliver 1993) Interdependenzen, die daraus resultieren, daß sich mit steigender Zahl der<br />

Übernehmer einer Innovation die relative Vorteilhaftigkeit für diejenigen, die sie bisher<br />

noch nicht übernommen haben, verändert. Einige typische Ursachen der Veränderung der<br />

relativen Vorteilhaftigkeit mit steigender Zahl der Übernehmer einer Innovation werden<br />

unter dem Begriff der Netzwerk-Externalitäten diskutiert (vgl. etwa Katz/Shapiro 1985,<br />

1994; Liebowitz/Margolis 1994).

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