Witaj und 2plus - Sorbischer Schulverein e.V.

lekte war. Die Arbeit vor Ort erschöpfte sich
jedoch nicht in der Analyse der Lautsysteme,
sondern beinhaltete auch viel Arbeit mit Gewährsleuten
bei der Bearbeitung der Wörterbücher.
Das uns zur Verfügung stehende
Wortmaterial wies nämlich oft Lücken auf,
die vor Ort geschlossen werden mussten. Das
Wort «tooch» z.B. wurde mit «Zug» übersetzt.
Was bedeutet aber «Zug»? Das Wort
hat im Deutschen viele Bedeutungen und es
galt herauszufinden, inwieweit sich die Semantik
im Deutschen und Friesischen deckte
oder unterschied. Wenn man z. B. sagt: «Ich
fuhr mit dem Zug nach Bautzen», «ein Zug
von Demonstranten zog durch die Stadt», «er
nahm einen Zug aus der Flasche», «das ist ein
netter Zug von ihm, dass er alten Frauen über
die Straße hilft», «neben dem Fenster sitzt
man leicht im Zug», lässt sich jedesmal der
Begriff «Zug» mit «tooch» übersetzen? Solche
Fragen haben wir in unzähligen Sitzungen
mit Gewährsleuten in Nordfriesland,
aber auch an der Universität Kiel behandelt
als Voraussetzung für die Herausgabe der
Wörterbücher.
Diese lexikographische Tätigkeit hatte auch
ein sehr erfreuliches Nebenprodukt. Angeregt
durch diese Arbeit haben einige Friesen
selbst zur Feder gegriffen und Bände mit
kleinen Erzählungen in ihrer friesischen
Muttersprache herausgebracht. Die zwei besten
Beispiele sind Elene Braren von Föhr 8
und Anna Gantzel von Sylt 9. Außerdem hat
der Arbeitskreis, der sich im Zusammenhang
mit der Erstellung des Wörterbuchs der Wiedingharder
Mundart gebildet hatte, 1992 damit
begonnen, regelmäßig eine kleine Zeitschrift
«En krumpen üt e Wiringhiird» («Ein
Bild 7:
Drei nordfriesische
Wörterbücher
Bisschen aus der Wiedingharde») in Wiedingharder
Friesisch herauszubringen.
Durch die empirische Arbeit vor Ort haben
wir über die Jahre ein Netzwerk von Gewährsleuten
aufgebaut, mit denen wir gearbeitet
haben und noch arbeiten. Die Arbeit
vor Ort bringt viel Freude. Auf Grund dieser
Tätigkeit werden wir aber auch von der
Sprachgemeinschaft selbst in Anspruch genommen
und entwickeln diverse gemeinsame
Aktivitäten. Als z. B. 1976 der Friesischunterricht
in Nordfriesland wieder in Gang
kam, haben wir auf Wunsch der Lehrer
Schulmaterialien erstellt. Mein inzwischen
pensionierter Kollege Ommo Wilts war nicht
nur ein hervorragender Lexikograph, sondern
auch ein begabter Didaktiker und hat
eine Reihe von Schulmaterialien für unterschiedliche
Mundarten erstellt.
Da Herr Wilts und ich uns beide sehr für
Schule und pädagogische Fragen interessierten,
haben wir den Friesischunterricht von
Anfang an begleitet und 1982 damit begonnen,
Statistiken über die Entwicklung des
Schulunterrichts zu führen in der Hoffnung,
dieses überaus zarte Blümchen fördern zu
können. Zu Grunde lag der Gedanke, durch
die Veröffentlichung der Statistiken den
Friesischunterricht stärker in der Öffentlichkeit
verankern zu wollen. Später hat das
Schulamt in Husum die Führung der Statistiken
übernommen. Im Jahre 1993 kam ein
weiteres Moment hinzu. Das bereits erwähnte
«Gremium für Fragen der friesischen
8 Braren, Elene (1984) At ianfach leewent. Das einfache Leben. Langenhorn:
Nordfriesischer Verein für Heimatkunde und Heimatliebe
9 Gantzel, Anna (1983) Üt Min Denkelbok. Husum: Nordfriesischer
Verein für Heimatkunde und Heimatliebe/Nordfriesische Wörterbuchstelle
der Universitär Kiel
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