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Witaj und 2plus - Sorbischer Schulverein e.V.

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Christoph Gantefort<br />

Hans-Joachim Roth<br />

(Universität Köln)<br />

‹Die Einheit eines Staates <strong>und</strong> zwar des<br />

Culturstaates erfordert schon wegen der<br />

Gemeinsamkeit seiner Interessen <strong>und</strong><br />

damit die Wohltaten, Vortheile <strong>und</strong><br />

Rechte allen Angehörigen zu Theil werden,<br />

dass die Sprache desjenigen Stammes<br />

Gemeingut aller Bewohner werde,<br />

der durch Bildung überhaupt, durch Gewerbefleiß,<br />

Industrie, Handel, Kunst <strong>und</strong><br />

Wissenschaft eine in weitem hervorragende<br />

Stellung vor den übrigen einnimmt›<br />

(Schubert 1873, 599; zit. nach<br />

ebd., 57).<br />

Die negative Bewertung der Zweisprachigkeit<br />

ist in Deutschland historisch mit einer<br />

Unterordnung des Individuums unter das<br />

Staatsinteresse verb<strong>und</strong>en. Das individuelle<br />

Wohl dagegen wird eher vorgeschoben oder<br />

instrumentalisiert.<br />

Auf diesem Hintergr<strong>und</strong> ist auch der gestiegene<br />

Anpassungsdruck auf Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> in den letzten Jahren<br />

zu betrachten – für kodifizierte nationale<br />

Minderheiten wie die Sorben, aber auch die<br />

Dänen <strong>und</strong> Friesen in Norddeutschland gilt<br />

das weniger. Allerdings können auch die<br />

Mitglieder dieser Sprachminderheiten in der<br />

wechselvollen Geschichte ihrer Sprachgruppen<br />

sicherlich Bände mit einer Sammlung<br />

diverser Assimilierungsversuche füllen.<br />

Zweisprachigkeit <strong>und</strong> Recht<br />

Für die zweite Dimension ist die Situation<br />

der «alten»nationalen Minderheiten eine<br />

ganz andere in Abgrenzung zu den «neuen“,<br />

durch Arbeitsmigration zu Stande gekomme-<br />

nen Sprachminderheiten: Sie haben sich die<br />

juristische Anerkennung erkämpft <strong>und</strong> verfügen<br />

über verbriefte Verfassungsrechte.<br />

Diese Situation ist eine besondere – sie ist<br />

eine, die zu besonderem Stolz berechtigt,<br />

auch sicher zu Aufmerksamkeit <strong>und</strong> ebenso<br />

auch zu einer Vorreiterrolle für die europäische<br />

Sprachenfrage verpflichtet. In Deutschland<br />

sind es vor allem die sorbische <strong>und</strong> die<br />

dänische Sprache, die B<strong>und</strong>esrepublik hat<br />

1998 zwar auch das Niederdeutsche in<br />

Schleswig-Holstein, Niedersachsen <strong>und</strong><br />

Mecklenburg-Vorpommern als Sprache<br />

anerkannt, weiterreichende Schritte allerdings<br />

nicht unternommen, wie ein Expertenkomitee<br />

des Europarats 2007 feststellte 1.<br />

2004 wurde in Schleswig-Holstein ein entsprechendes<br />

Gesetz für Friesisch erlassen.<br />

Ebenso wurden Roma <strong>und</strong> Sinti als nationale<br />

Minderheiten bezeichnet. Einige europäische<br />

Staaten – wie z.B. Belgien, Frankreich,<br />

Griechenland, Island, Luxemburg <strong>und</strong><br />

Monaco – haben die Charta zum Schutz der<br />

nationalen Minderheiten nach wie vor nicht<br />

ratifiziert oder noch nicht in Kraft treten lassen<br />

– ebenso die Türkei 2.<br />

Nimmt man nun die «neuen“, durch Arbeitsmigration<br />

entstandenen Sprachminderheiten<br />

hinzu, kann man zusammenfassen, dass die<br />

offizielle Anerkennung <strong>und</strong> Förderung der<br />

Zweisprachigkeit – verb<strong>und</strong>en mit den entsprechenden<br />

staatlichen Ressourcen z.B. im<br />

Bildungssystem – in Europa quantitativ<br />

1 http://www.botschaftostfriesland.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index<br />

&topic_id=2&page_id=46<br />

2 Vgl. für alle Informationen: http://conventions.coe.int/<br />

Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?NT=157&CM=8&DF=<br />

4/5/2008&CL=GER<br />

■<br />

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