Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94<br />
beit und Menschenrechtsengagement. Der<br />
Ost-West-Konflikt hat auch Teile der Bewegung<br />
dazu verleitet, Menschenrechtsverletzungen<br />
zu übersehen. Dieses Spannungsverhältnis<br />
wird anhand der aktuellen Debatten<br />
um Souveränität, Einmischung und Konditionalität<br />
diskutiert. Thematisiert werden dabei<br />
auch die unterschiedlichen Positionen der<br />
Akteure (Regierungen, Bewegung, Nichtregierungsorganisationen).<br />
Unter dem Stichwort<br />
„Internationalisierung und Gegenmacht"<br />
werden dann Möglichkeiten einer Universalisierung<br />
der Menschenrechtspolitik diskutiert.<br />
Der Autor sieht hier eine neue Handlungsperspektive<br />
für die Dritte-Welt-Bewegung.<br />
Das weltweite Bevölkerungs Wachstum gehört<br />
zu den umstrittensten Themen in der entwicklungspolitischen<br />
Debatte; herausgegriffen<br />
wird dieses Thema hier insbesondere als<br />
stellvertretend für die Vielzahl frauenpolitisch<br />
geprägter Diskurse innerhalb der Themenfelder<br />
der Dritte-Welt-Bewegung. In diesem<br />
weitgespannten Rahmen wird mit der Bevölkerungspolitik<br />
eines der prominentesten<br />
Bewegungsthemen von Frauen problematisiert,<br />
wie auch ein Blick auf das Programm<br />
der im September 1994 stattfindenden Weltbevölkerungskonferenz<br />
in Kairo zeigt. Ingrid<br />
Spiller untersucht zunächst die Begründungslinien<br />
des „herrschenden" Diskurses über<br />
Bevölkerungspolitik, an dem sich die feministische<br />
Kritik entzündet. Kritisiert wird u.a.<br />
die geschlechtsspezifische Komponente der<br />
Bevölkerungsprogramme sowie die Wahl der<br />
im Rahmen von Bevölkerungskontroll-Maßnahmen<br />
angebotenen und angewendeten<br />
Verhütungsmittel und -methoden. Innerhalb<br />
der internationalen Frauenbewegung sind die<br />
diesbezüglichen feministischen Standpunkte<br />
jedoch nicht unumstritten: So kritisieren<br />
Frauen aus dem Süden die vor allem im Norden<br />
formulierte feministische Forderung nach<br />
„reproduktiven Rechten" sowie eine utilitaristische<br />
Betrachtungsweise des Themas.<br />
Michael Bommes und Albert Scherr setzen<br />
sich mit der Thematisierung von Migrationsphänomenen<br />
in der Dritte-Welt-Bewegung<br />
auseinander. Zum Zweck der Betroffenheitserzeugung,<br />
so die Analyse der Autoren, wird<br />
auch in der Dritte-Welt-Bewegung oftmals<br />
auf Argumentationsfiguren zurückgegriffen,<br />
welche aus öffentlichen Verlautbarungen der<br />
„Burgherren europäischer Festungspolitik"<br />
bekannt sind. „Flüchtlingsströme" und drohende<br />
„Einwanderungsfluten" prägen auch<br />
den Mobilisierungsdiskurs der Dritte-Welt-<br />
Bewegung. Die Dramatisierung stattfindender<br />
und künftiger Einwanderung verbindet sich<br />
mit einer kulturalistischen Problemanalyse,<br />
Rassismustheorien sowie mit einer quasireligiösen<br />
Aufrüttelungsrhetorik. Die Autoren<br />
zeigen auf, daß eine moralisierende Betroffenheitserzeugung<br />
gerade in diesem Problemfeld<br />
der Gefahr unterliegt, mit analytischen<br />
Verkürzungen einherzugehen, die eine angemessen<br />
sachliche Thematisierung von Migration<br />
ebenso behindern wie die Entwicklung<br />
politischer Strategien zur Regelung der globalen<br />
Flüchtlingsproblematik.<br />
Anmerkungen<br />
1<br />
Letztlich gilt es, eine Begrifflichkeit zu finden,<br />
welche eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure<br />
vereint: Dritte-Welt-Gruppen und Solidaritätskomitees,<br />
kirchliche Gruppierungen, regionale<br />
Initiativen und nationale Dachverbände (BUKO),<br />
Lobby Vereinigungen und karitative Entwicklungshilfe-Einrichtungen,<br />
Dritte-Welt-Handel<br />
und international operierende NRO bilden eine<br />
Gemengelage unterschiedlicher Interessen,<br />
Aktions- und Organisationsformen, auf die sich<br />
externe Beobachter ebenso beziehen wie bewegungsrelevante<br />
Selbstverortungen. Während die<br />
Begriffe Dritte-Welt-Bewegung und Internationalismusbewegung<br />
noch Anschlüsse aufweisen an