Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94 13<br />
Prof. Dr. Rolf Kreibich<br />
Zukunftsforscher, Visionär,<br />
Kommunikator<br />
Zum Tode von Robert Jungk<br />
John McHale, amerikanischer Zukunftsforscher<br />
und Weggefährte von Robert Jungk, hat in seinem<br />
Buch „Die Zukunft der Zukunft" festgestellt,<br />
daß es maßgeblich Robert Jungk und<br />
Bertrand de Jouvenel zu verdanken ist, daß<br />
Europa - wenn nicht sogar die ganze Welt -<br />
für die Notwendigkeit einer systematischen Zukunftsforschung<br />
sensibilisiert worden ist. In<br />
diesem Zusammenhang verwies er auf das<br />
schon 1952 erschienene Buch „Die Zukunft<br />
hat schon begonnen". Robert Jungk habe hier<br />
„mit seiner Klarsichtigkeit viele der zunehmenden<br />
Gefahren dank wachsender Überwachung<br />
und Erforschung der physischen und sozialen<br />
Wirkungen von Technologien vorhergesagt,<br />
deren langfristige Folgen wir bis dahin nur<br />
wenig Beachtung geschenkt hatten."<br />
Die großartigen Leistungen Robert Jungks als<br />
Zukunftsforscher, Visionär, Kommunikator und<br />
Agitator sind eng verknüpft mit seiner Lebensgeschichte.<br />
Als Jude 1913 in Berlin geboren<br />
und schon als Jugendlicher aufmerksam Unrecht<br />
Registrierender, durchschaut Robert<br />
Jungk frühzeitig die braune Gefahr und das<br />
verbrecherische System. Seine humane Gesinnung<br />
führte ihn fast zwangsläufig in den Widerstand<br />
gegen das Nazi-Regime. Am Anfang,<br />
nach dem Reichstagsbrand, riß er noch unorganisiert<br />
Nazi-Plakate ab und kam 1933 in<br />
Haft. Er hatte Glück, kam bald wieder frei und<br />
emigrierte nach Paris. Dort begann er seine<br />
journalistische Arbeit, die primär auf den<br />
Kampf gegen die Nazi-Herrschaft konzentriert<br />
war. Es war wiederum fast zwangsläufig, daß<br />
er sich dem sozialistischen Widerstand anschloß,<br />
der den Kampf nicht nur als humane<br />
Verpflichtung, sondern auch als gesellschaftliche<br />
Auseinandersetzung begriff und als einziger<br />
ein Gesellschaftskonzept für den Tag danach<br />
hatte. Hier war sein Platz im unorthodoxen<br />
Spektrum und so Schloß er sich der illegal<br />
arbeitenden Gruppe „Neu Beginnen" an. Seine<br />
illegalen Tätigkeiten in Deutschland wurden<br />
so gefährlich, daß er 1939 in die Schweiz<br />
emigrieren mußte. Von hier aus setzte er seinen<br />
Kampf gegen die Nazis fort und mußte<br />
wie manche andere Emigranten erleben, daß<br />
den Schweizern das Hemd näher als der Rock<br />
war. Unter dem Pseudonym F.L. arbeitete er<br />
unter anderem für die „Weltwoche" und agitierte<br />
unter Inkaufnahme größter Strapazen gegen<br />
die Verbrechen in Deutschland. Nur mühsam<br />
konnte er sich in der Schweiz über Wasser<br />
halten. Im Jahre 1943 wurde er sogar interniert.<br />
Als Korrespondent des „Observer" (London)<br />
arbeitete Robert Jungk ab 1944 auch eng mit<br />
der US-Botschaft zusammen, was ihm noch