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28 FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94<br />

sehen sich vehemente Vertreter der These vom<br />

„Ende der Dritten Welt" gezwungen, eben diese<br />

- eventuell abzüglich weniger NICs - als<br />

„Südländer" oder gar als „postkoloniale Staaten"<br />

klammheimlich wieder einzuführen (Menzel<br />

1992 passim).<br />

Auf dem Weg zu einer kritischen<br />

Theorie der Moderne und der<br />

Modernisierung<br />

Die terminologischen Schwierigkeiten zeigen,<br />

daß es mit dem Verweis auf die vielfältigen<br />

Entwicklungswege nicht getan ist. Wer über<br />

diesen vielen Bäumen, ihren Wachstumsproblemen<br />

und -erfolgen nicht den Wald - d.h.<br />

vor allem die Struktur des Weltzusammenhangs<br />

- vergessen will, wird nicht umhin können,<br />

der Einsicht in globale Krisen und Problemstellungen<br />

wenigstens ansatzweise mit dem<br />

Versuch zu einer entsprechenden theoretischen<br />

Einordnung gerecht zu werden. Ich halte es<br />

dabei für wesentlich, die noch immer nicht<br />

ganz überwundene Vorstellung von „traditionalen"<br />

Verhältnissen, die einer „Modernisierung"<br />

im Wege stünden, zu verabschieden zugunsten<br />

der Einsicht in die Ko-Evolution unterschiedlicher<br />

moderner Gesellschaftsformen.<br />

„Modernisierung" ist kein ein für allemal abgeschlossener<br />

Prozeß. Sie bezeichnet vielmehr<br />

jene beständigen Innovationen und Umwälzungen,<br />

die die gesellschaftliche Moderne wesentlich<br />

kennzeichnen (s. Chesneaux 1989).<br />

Zugleich zeigt die Analyse von Prozessen nachholender<br />

Entwicklung und zumal von Versuchen<br />

der Theoretisierung solcher Prozesse, daß<br />

diese Innovationen sehr unterschiedliche Auswirkungen<br />

in unterschiedlich strukturierten Gesellschaften<br />

haben.<br />

Die gesellschaftliche Moderne ist daher keine<br />

ununterschiedene oder nur durch kleine Abweichungen<br />

differenzierte Einheit; sie zeigt in<br />

ihren Tiefenstrukturen deutlich verschiedene<br />

Ausprägungen: Neben der dominanten Form<br />

des industriellen Kapitalismus waren dies bisher<br />

die komplementäre Form der postkolonialen<br />

Gesellschaften oder der Dritten Welt sowie<br />

im Verlauf des „kurzen 20. Jahrhunderts" (Altvater)<br />

die konkurrierende Form der Gesellschaften<br />

sowjetischen Typs (vgl. Kößler<br />

1993, Kap. 1; 1994, Kap. 5; ähnl. Juchler<br />

1990a,b).<br />

Alle drei Ausformungen der gesellschaftlichen<br />

Moderne sind in ihrer gesamten Entwicklung<br />

so eng aufeinander bezogen, daß es berechtigt<br />

erscheint, von gesellschaftlicher Ko-Evolution<br />

zu sprechen. So wurde mit der industriellen<br />

Revolution eine Arbeitsteilung zwischen den<br />

industriekapitalistischen Zentren und ihrer kolonialen<br />

Sphäre etabliert, die erstmals die Kolonialgebiete<br />

als Lieferanten von industriellen<br />

Rohstoffen und als Absatzmärkte industrieller<br />

Produkte definierte (s. Kößler 1990, S. 99-<br />

102). Die so etablierte Arbeitsteilung unterlag<br />

wichtigen Veränderungen; so bedeutete die<br />

„neue internationale Arbeitsteilung" die Auslagerung<br />

industrieller Fertigungsschritte (s. Fröbel<br />

u.a. 1977, 1986), der mit der mikroelektronischen<br />

Revolution jedoch sehr bald ein<br />

gegenläufiger Trend gegenüberstand (vgl. etwa<br />

Schoenberger 1989). All dies ändert jedoch<br />

nichts daran, daß zumal in den Ländern des<br />

Südens die längerfristigen regionalen oder nationalen<br />

Entwicklungschancen zunehmend<br />

durch Vorgaben bestimmt werden, die über<br />

weite Strecken der regionalen und nationalen<br />

Verfügungsgewalt entzogen sind und beispielsweise<br />

den Planungen und Strategien multinationaler<br />

Konzerne folgen (vgl. Fröbel 1980;<br />

Altvater 1987). Bei aller notwendiger Differenzierung<br />

solcher Feststellungen bleibt der<br />

hierarchische Zusammenhang zwischen den<br />

unterschiedlichen Entwicklungsprozessen.<br />

Zwar legt dieser Zusammenhang kein Land<br />

und keine Region ein für allemal auf eine bestimmte<br />

Position fest; er konstituiert aber eine

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