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106 FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94<br />

Ort; Antirassismus als scharfe Profilierang des<br />

Protestadressaten ohne Zwischentöne, der damit<br />

auch für „Widerstand" wieder erreichbar<br />

wird: „Schlußendlich sind es Flüchtlinge selbst,<br />

die als erste gegen ihre Lebenssituation revoltieren...<br />

Neben ihrer repressiven Rolle sind Lager<br />

(Ausfluß der „weißen Realität"; (M.B./<br />

A.S.) auch soziale Orte, an denen sich Widerstand<br />

konstituiert." (Anti-Rassismus-Büro (Bremen)<br />

1993, S. 168; Hervorhebung M.B./A.S.).<br />

4. Betroffenheitserweckung durch<br />

quasi-religiöse Aufrüttelungsrhetorik<br />

Mit diesem Anschluß an Multikulturalismus<br />

und Rassismuskonzepte fügt sich die DWB<br />

relativ nahtlos in ein Spektrum der sog. Ausländerarbeit<br />

und von Initiativgruppen im Bereich<br />

Migration ein und stützt dieses in Versuchen<br />

der Mobilisierung für die Bewegungskommunikation.<br />

Die Einpassung der Argumentationsfiguren<br />

der Migrationsdiskussion in die<br />

bewegungstypische Protestkommunikation ist<br />

soweit auch nicht sonderlich aufregend. Heikel<br />

wird die Thematisierung von Migration<br />

durch die DWB erst da, wo Multikulturalismus-<br />

und Antirassismusfiguren - sowie die Beschreibung<br />

und Erklärung von Migration insgesamt<br />

- in einer Reihe von Bewegungstexten<br />

mittels quasi-religiöser Aufrüttelungsrhetorik<br />

zur Betroffenheitserweckung eingesetzt werden.<br />

Dies soll an Beispielen vorgeführt werden:<br />

„Die Industrieländer haben ... die gesamte<br />

Menschheit in eine Katastrophe hineingeführt,<br />

aus der eine Rettung kaum vorstellbar ist. In<br />

Anbetracht dieser Situation ist bei den wohlhabenden<br />

Ländern die Befürchtung entstanden,<br />

sie könnten bald ihren Wohlstand verlieren<br />

und müßten in naher Zukunft ihre Privilegien<br />

preisgeben. Die neue Weltordnung soll<br />

diese Gefahr unterbinden. Sie soll gegen den<br />

Strom von Flüchtlingen und Vertriebenen unüberwindbare<br />

Dämme errichten, gegen den<br />

Strom von Menschen, die eines Tages auf den<br />

Gedanken kommen könnten, an dem aus ihren<br />

Ländern geraubten Reichtum teilhaben zu wollen.<br />

Das ist sicherlich kein abwegiger Gedanke,<br />

er könnte bald zur Wirklichkeit werden"<br />

(Nirumand 1993, S. 20; Hervorhebungen M.B./<br />

A.S.).<br />

„Im Westen muß man sich dessen bewußt werden,<br />

daß es nicht möglich ist, nachdem Völker<br />

in einem Weltmarkt integriert wurden daß<br />

man ... in protektionistische Selbstgenügsamkeit<br />

zurückfallen kann, um seine Prosperitätsinsel<br />

gegen Überflutung von Fremden schützen<br />

zu wollen. Leben in einer multikulturellen<br />

Welt muß also eher eine bereichernde als eine<br />

bedrohende Perspektive werden. Wenn dies<br />

nicht möglich ist, dann werden auch alle Ausländergesetze<br />

die Überflutung nicht verhindern<br />

können" (Simo 1993, S. 32; Hervorhebung<br />

M.B./A.S.).<br />

„'Wir sind arm, weil ihr reich seid', so lautet<br />

die Botschaft der Flüchtlinge in dem oben<br />

erwähnten Film, und genau diesen Zusammenhang<br />

gilt es zu beachten, wenn man über 'Wirtschaftsflüchtlinge'<br />

spricht, die ihr Land verlassen<br />

haben, weil dort ihre Existenz nicht mehr<br />

gesichert war." Und Löhlein zitiert in diesem<br />

Zusammenhang Günter Grass: „Da der Druck<br />

der stündlich anschwellenden Weltbevölkerung<br />

nicht nachläßt, sich vielmehr steigern wird, da<br />

die Zahl und Dichte der Slums mit dem unkontrollierten<br />

Wachstum der Städte... zunehmen<br />

wird, da dieses Wachstum und seine Zuwachsrate<br />

an Elend nicht der Dritten Welt vorbehalten<br />

bleiben kann, vielmehr grenzüberschreitend<br />

schon jetzt Vorboten schickt, werden die<br />

Industrienationen - sie werden noch so unbelehrbar<br />

von einer „Festung Europa" träumen -<br />

unabwendbar Teilhaber dieses Wachstums und<br />

der entsprechenden Verelendung werden. Mit

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