Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94 15<br />
denschaftlichen Plädoyers gegen Resignation,<br />
apokalyptische Stimmungsmache und für kreative<br />
Selbstgestaltung der Zukunft haben viele<br />
aufgerüttelt, die Probleme selbst in die Hand<br />
zu nehmen und eigenverantwortlich zu lösen.<br />
Das Aufzeigen von neuen, unkonventionellen<br />
Zukunftsperspektiven, das Bloßlegen von gangbaren<br />
Wegen in bessere Zukünfte ist verbunden<br />
mit seiner dritten großen Lebensleistung:<br />
die Mobilisierung von Akteuren in sozialen<br />
<strong>Bewegungen</strong>, Gruppen, Organisationen und<br />
Bürgerinitiativen. Robert Jungk ist Kommunikator,<br />
Mobilisator und Netzeknüpfer für Menschen,<br />
die gegen die Gefahren angehen und<br />
neue humane Zukünfte gestalten wollen. Sein<br />
Freund Mathias Greffrath beschreibt dies so:<br />
„... sein Beruf ist es, Verbindungsmann zu sein<br />
und den isoliert voneinander Arbeitenden Mut<br />
zu machen. Keine 'organisatorischen' Verbindungen<br />
herstellen, sondern dafür zu sorgen,<br />
daß jedes Widerstandsmolekül an seiner Stelle<br />
weiterwirkt und daß sie alle sich nach der einen<br />
Sonne ausrichten..."<br />
Dieses Ausrichten zur regenerativen Sonne hat<br />
angesichts der Bedrohung durch nukleare und<br />
fossile Energie Symbolkraft, die Robert Jungk<br />
in zahlreichen seiner Werke und Aktionen zur<br />
Überwindung der atomaren und ökologischen<br />
Katastrophe und der Mobilisierung sozialer Innovationen<br />
in den letzten Jahren geradezu beschwor.<br />
„Sternenhimmel statt Giftwolken oder den Frieden<br />
erfinden" (1987) und „Zukunft zwischen<br />
Angst und Hoffnung. Ein Plädoyer für die politische<br />
Phantasie" (1991) sind neuere Arbeiten,<br />
die Wege weisen und Instrumente an die<br />
Hand geben. Besonders in den letzten Jahren<br />
war Bob Jungk von der Botschaft durchdrungen<br />
und unermüdlich dafür unterwegs, daß das<br />
Wissen allein über Zusammenhänge, wie der<br />
Weg in den Abgrund führt, nicht ausreicht.<br />
Erforderlich ist es heute mehr denn je, neue<br />
Ziele und neue Wege aufzuzeigen, alternative<br />
Lebenswelten und andere Lebensmuster zu entwerfen<br />
und zu praktizieren. Dafür müssen<br />
Wunschträume in phantasievolle reale Zukunftsbilder,<br />
Verstummtheit in kreative Kommunikation,<br />
Passivität in soziale Experimente,<br />
Resignation in politisches Handeln und aktive<br />
Bürgerbewegungen überführt werden. Durch<br />
das Entwerfen, Vorleben und eigenes Gestalten<br />
wünschbarer Zukunftswelten und nachhaltiger<br />
Entwicklungspfade lassen sich ungahnte<br />
Kraftquellen zur Überwindung apokalyptischer<br />
Entwicklungstrends erschließen. Entscheidend<br />
ist, daß wir nicht warten, bis „von oben oder<br />
von außen" etwas geschieht, sondern daß wir<br />
selbst erfinden, selbst organisieren, selbst handeln<br />
- viele, überall, solidarisch, demokratisch.<br />
In seinem Buch „Projekt Ermutigung - Streitschrift<br />
wider die Resignation" beschreibt er<br />
den Prozeß. Dieser kann nur dann in Richtung<br />
einer humanen Gesellschaft weisen, wenn er<br />
die wahren Sehnsüchte und Bedürfnisse der<br />
Menschen aufgreift und umzusetzen versucht,<br />
aber sie nicht mit elitären Weltbeglückungsmodellen<br />
bevormundet:<br />
„Die Aufgabe derjenigen, die sich mit einer<br />
human orientierten Zukunft der Gesellschaft<br />
befassen, ist es nicht, nun ihrerseits auf elitäre<br />
Weise Leitideologien zu entwickeln, sondem<br />
Muster gewünschter gesellschaftlicher Zukunft<br />
in den vielfältigen Wünschen und Ideen der<br />
Menschen zu entdecken, zum Sprechen zu bringen<br />
und sichtbar zu machen: ein Prozeß, der<br />
nie abgeschlossen sein kann, ein Gleichgewicht,<br />
das nie definitiv, statisch werden darf,<br />
sondern immer wieder Störung durch Neuerungen,<br />
Unruhe durch Verbesserungen, niemals<br />
aufhörende Selbstkritik als produktive Chancen<br />
begreift."