Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
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70 FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94<br />
gegangen. Bezogen auf ihr semantisches Repertoire<br />
gilt, daß sie sich wiederkehrend der<br />
Deutungsschemata der Bewegung (dazu noch<br />
weiter unten) bedienen. 16<br />
Sie treten häufig als<br />
Unterstützer von Bewegungsereignissen auf<br />
(IWF-Tagung). Während sie gegenüber den<br />
Bewegungsaktivitäten Unterstützungsbereitschaft<br />
signalisieren (auch aufgrund des Drucks<br />
ihrer Mitgliederbasis), wirken sie andererseits<br />
dämpfend auf die Bewegungsrhetorik, wo sich<br />
diese nicht mit den Organisationszielen kompatibel<br />
machen läßt. Einerseits versuchen sie<br />
aufgrund ihrer Konzentration auf das Einsammeln<br />
von Spendenmitteln durch Bezug auf Bewegungsthemen<br />
Bereitschaft zur Projektunterstützung<br />
zu wecken. Andererseits muß im Kontext<br />
von Lobbyarbeit und anderen Kooperationsangeboten<br />
gegenüber staatlichen Trägern<br />
der Entwicklungspolitik die Organisierbarkeit<br />
der verfolgten Zielsetzungen zwecks Mittelrekrutierung<br />
ausgewiesen werden. Gegenüber den<br />
staatlichen Organisationen müssen solche NRO<br />
das Bild seriöser, kooperationsbereiter und professioneller<br />
Organisationen abgeben. Hier kann<br />
also nicht im Modus der Protestkommunikation<br />
verblieben werden. Dies konfligiert jedoch<br />
mit dem Bild von Nichtregierungsorganisationen,<br />
das sie gegenüber Spendern und der Bewegung<br />
plausibel zu machen versuchen. Im<br />
Zweifelsfall versuchen sie daher, den Eindruck<br />
zu erwecken, „... die NRO seien Gebilde vor-,<br />
nach- oder überorganisatorischer Art, auf jeden<br />
Fall nicht mit den konstitutiven Merkmalen<br />
von Organisation behaftet. Im Zweifel seien<br />
sie nicht nur anders, sondern sogar besser,<br />
besonders dann, wenn sich das Ganze mit Zuschreibungen<br />
aus anderen logischen Zusammenhängen<br />
wie Flexibilität, hohe Motivation<br />
und wenig Bürokratie heillos vermischt"<br />
(Glagow 1993, S. 309). Gegenüber den Mitgliedern<br />
und der DWB wird sich daher einer<br />
bewegungsnahen Rhetorik und Symbolik bedient.<br />
Da man andererseits bei den Medien<br />
über sehr gute Reputation verfügt, darüber hin<br />
aus durch Publikationen ein milieuübergreifendes<br />
und entwicklungspolitisch interessiertes<br />
Publikum erreicht, ist diese Infrastruktur<br />
für die Bewegungskommunikation ein bedeutsames<br />
Terrain, das bei aller Kritik an Organisation,<br />
die mit Protest nicht kompatibel zu machen<br />
ist, auch nicht aufgegeben werden kann.<br />
c) Medien und Kommunikationsdienstleistungen<br />
Organisationen, die sich auf die Herstellung<br />
bestimmter Kommunikationsdienstleistungen<br />
im Feld Dritte Welt spezialisiert haben wie<br />
Erstellung von Informationsmaterial, Expertisen,<br />
Lobbyarbeit.<br />
d) Die kirchlichen Einrichtungen der<br />
Entwicklungspolitik<br />
Die Kirchen verfügen über eine Reihe von entwicklungspolitischen<br />
Einrichtungen mit ausgebauter<br />
personeller, finanzieller und organisatorischer<br />
Infrastruktur, die von Hilfsorganisationen<br />
(Brot für die Welt, Misereor) bis zu<br />
publizistischen Organen (EPD Entwicklungspolitik)<br />
reichen. Sie sind damit einer der zentralen<br />
Zusammenhänge, denen die Organisierung<br />
von entwicklungspolitischen Zielsetzungen<br />
zugetraut und übertragen wird. Die Kirchen<br />
sind im entwicklungspolitischen Feld<br />
auch insofern von sehr großer Bedeutung, als<br />
sie in der Öffentlichkeit eine sozial akzeptierte<br />
moralische Instanz darstellen. Ihre Rolle begründet<br />
sich darüber hinaus aus ihrer Bedeutung<br />
als Spitzenverbände der Sozialpolitik. Hier<br />
sind sie über verschiedene Kooperationsformen<br />
in Entscheidungszusammenhänge des politischen<br />
Systems und seiner Arenen eingebunden<br />
und beziehen daher ihren politischen Kredit.<br />
Die Kirchen integrieren zugleich über verschiedene<br />
Mitgliedsrollen eine sehr heterogene<br />
Basis, was die Formulierung von homogenen<br />
Positionen erschwert. Dem kirchlichen