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Vollversion (6.51 MB) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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FORSCHUNGSJOURNAL NSB 3/94 63<br />

Michael Bommes/ Michael Heuer<br />

„Dritte-Welt-Bewegung" -<br />

Was für eine Bewegung?!<br />

Beschreibungen der „Krise der Dritte-Welt-Bewegung"<br />

(DWB) 1<br />

sind Begleittexte dieser Bewegung<br />

mit einer langen Tradition, die von<br />

aktuellen Krisendiagnosen, wie sie sich auch<br />

in diesem Heft finden, fortgesetzt wird. Mit<br />

den jüngsten Auseinandersetzungen um „das<br />

Ende der Dritten Welt" (Menzel 1992) sowie<br />

der Herausforderung zahlreicher Topoi des Bewegungsdiskurses<br />

durch Arbeiten wie die von<br />

Kohlhammer (1992, 1993) und Enzensberger<br />

(1993) scheinen aber nun Annahmen derart in<br />

Frage gestellt zu werden, daß damit das endgültige<br />

Ende der Bewegung eingeläutet wird. Dem<br />

steht entgegen, daß die DWB im Unterschied<br />

zu den <strong>Bewegungen</strong>, die wie die Friedens-,<br />

Ökologie- oder Frauenbewegung bevorzugtes<br />

Objekt der jüngeren Bewegungsforschung sind,<br />

inzwischen auf eine lange Geschichte in der<br />

BRD zurückblickt. Folgt man jedenfalls den<br />

Datierungen von Teilnehmern der DWB selbst,<br />

sehen sie deren Beginn in der Studentenbewegung<br />

und ihre Vorläufer im engeren Sinne in<br />

Solidaritätsbewegungen mit Algerien, der<br />

Ostermarschbewegung sowie im weiteren Sinne<br />

in der imperialismuskritischen Tradition der<br />

Arbeiterbewegung (vgl. Balsen/Rössel 1986).<br />

Beschreibungen der Krise der Bewegung gehören<br />

aber wohl auch deshalb seit langem zur<br />

DWB dazu, da sie sich im wechselnden Bezug<br />

auf verschiedene, als Vertreter der Dritten Welt<br />

verstandene Adressaten ihrer „Solidarität" jeweils<br />

neu der eigenen Einheit zu versichern<br />

hatte. Dabei kann sie sich schon seit langem<br />

nicht mehr auf die wissenschaftliche Bezeugung<br />

der Einheit ihres Gegenstandes verlassen.<br />

Die wissenschaftliche Vermutung des Endes<br />

der Dritten Welt ist jedenfalls älter als die jüngste<br />

Debatte darum (vgl. Boeckh 1993); diese<br />

scheint einzig „Bewegungsreflekteure" nach<br />

dem Zusammenbruch des Ostblocks zu „nachholender<br />

Reflexion" zu zwingen. Damit gilt<br />

aber auch, daß die DWB genauso wie andere<br />

<strong>Bewegungen</strong> ihr Entstehen wie ihren Fortbestand<br />

nicht schlicht einer gegebenen Problemlage<br />

verdankt, auf die sie selbst die Antwort<br />

darstellt und aus der heraus sich ihre Existenz<br />

erklärt.<br />

Im Unterschied zu anderen sozialen <strong>Bewegungen</strong><br />

war die DWB bisher in der Bewegungsforschung<br />

kein Thema. Sie findet sich in Auflistungen<br />

zur Erläuterung, welche <strong>Bewegungen</strong><br />

mit „sozialen <strong>Bewegungen</strong>" gemeint seien<br />

(so etwa Ahlemeyer 1989, S. 175, 176); was<br />

für eine Bewegung die DWB aber ist und wie<br />

sich ihr vergleichsweise langer Fortbestand<br />

begreifen läßt, ist bisher kaum diskutiert worden.<br />

Dazu sollen nachfolgend einige vorläufige<br />

Überlegungen angestellt werden, die den<br />

Zweck haben, eine entsprechende Diskussion

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