TU Dresden: Forschungsbericht 2006 - im ...
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SONDERFORSCHUNGSBEREICHE 3.1.<br />
von „Organisationen“, „Körperschaften“ oder „Anstalten“. Zwar kommen institutionelle<br />
Formen in der Regel nicht ohne organisatorische Trägerstrukturen und deren instrumentelle<br />
Leistungen aus, jedoch besteht der institutionelle Charakter von Organisationen gerade<br />
darin, dass sie soziale Objektivationen von normativen Verhaltensmustern sind, denen<br />
symbolisch vergegenständlichte kulturelle Sinnorientierungen zugrunde liegen.<br />
Es geht folglich nicht um eine Ontologie von Ordnungsleistungen, sondern um Ordnungsbehauptungen,<br />
nicht um unbefragte Geltungen, sondern um Geltungsansprüche, nicht um<br />
institutionelle Normerfüllungen, sondern um Handlungs- und Rollenstilisierungen. Auch<br />
wird hier weder einem konservativen Institutionalismus, noch einer universalistischen<br />
‚Großtheorie’ – wie etwa der „Systemtheorie“ – das Wort geredet.<br />
Die Forschungen zielen vielmehr konkret auf best<strong>im</strong>mte stabilisierende Mechanismen<br />
und Prinzipien kultureller Ordnungen, die <strong>im</strong> strukturierenden Vergleich anhand exemplarischer<br />
Konstellationen von der Antike bis zur Gegenwart sowie in Kooperation von<br />
historischen und systematischen Geistes- und Gesellschaftswissenschaften unter Einbezug<br />
zweier Wissenschaftskulturen – der deutschen und der italienischen – herausgearbeitet<br />
werden. Dabei geht es näherhin um die Analyse der spezifisch institutionellen Leistung<br />
einer bestandserhaltenden und Ordnungserfolge steigernden Verbindung<br />
a) von symbolischen Strukturen der Selbstdarstellung bzw. der Ausbildung von Geltungsbehauptungen<br />
und „Leitideen“, die zugleich auch Leitdifferenzen sind,<br />
b) von Formen der Herausbildung oder Begründung äußerer und innerer Organisationsstrukturen<br />
(einschließlich der personellen und materiellen Ressourcen und spezifischen<br />
Umfeldbedingungen) und<br />
c) von Weisen der Subjektformierung (einschließlich der Ausformung von normativen<br />
Verhaltensstrukturen, Rollenmustern und Habitusformen wie auch einerseits der Ausarbeitung<br />
des ‚Inneren Menschen’ in Prozessen der Autonomisierung und Individualisierung,<br />
andererseits der Ausbildung von Sozialisations- und Kontrollinstanzen).<br />
In einem breit angelegten Spektrum verschiedenster Untersuchungsfelder der einzelnen<br />
Teilprojekte werden dabei je konkrete Sachverhalte analysiert: Es handelt sich um die<br />
mythische Fundierung institutioneller Ordnungen und Normierungen <strong>im</strong> antiken Rom,<br />
um die Wechselwirkung von ideellem und praktischem Lebensvollzug in Klöstern und<br />
Orden sowie zwischen Stadt- und Klosterkultur des Mittelalters, um Repräsentationssysteme<br />
und literarische Selbstentwürfe von Aristokratien in Antike und Früher Neuzeit,<br />
um Institutionalisierung und Transfer rechtskultureller Normen, um Durchsetzung und<br />
Folgen von „Verfassungen“ in verschiedenen Phasen der europäischen Geschichte aus<br />
historischer, juristischer und politikwissenschaftlicher Sicht, um kirchliche und theologische<br />
Reaktionen auf die Probleme der modernen Massen- und Wohlfahrtsgesellschaften,<br />
um Jubiläumskulturen, um genealogische Entwürfe der Legit<strong>im</strong>ierung von Macht, um<br />
die Institutionalität öffentlicher Räume, um Verschriftlichung und Standardisierung von<br />
Volkssprache, um Formen institutioneller Selbstvergewisserung mittels der Architektur<br />
sowie um kulturelle Institutionalisierungen in den gesellschaftlichen Umbrüchen des 19.<br />
und 20. Jahrhunderts.<br />
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