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gen kleinen und mittleren und unternehmensfinanzierten Bourgeoisie verbunden<br />

sind. Die Chefsekretärinnen sind oftmals Töchter von Chefs (18 Prozent) und leitenden<br />

Angestellten (14 Prozent) und Frauen von Unternehmenschefs, von Ingenieuren,<br />

Angestellten oder Unterhändlern von Unternehmen (das sind insgesamt<br />

40 Prozent der verheirateten Chefsekretärinnen, wobei die erwähnten Berufe nur<br />

11 Prozent der aktiven männlichen Bevölkerung ausmachen). Dieses Ergebnis ist<br />

von entscheidender Bedeutung: Mehr als die Hälfte der Partner von Chefsekretärinnen<br />

sind Männer, die Leitungsfunktionen in Betrieben ausüben. Viele Interviews<br />

tangieren die Charakteristika dieser Väter und Ehemänner: Wenig oder gar nicht diplomiert,<br />

Inhaber von geringerem ökonomischem Kapital bzw. einer niedrigeren<br />

Position in der Hierarchie als der Chef, für den die Sekretärin arbeitet, sind dies<br />

Kleinunternehmer, Handwerker, Handeltreibende oder üben sie administrative oder<br />

technische Funktionen in klein- und mittelständischen Unternehmen aus. Nur selten<br />

sind Chefsekretärinnen Töchter (2 Prozent) oder Ehefrauen (4 Prozent) von Professoren<br />

oder Lehrern.<br />

Die aus mittleren Klassen hervorgehenden Frauen scheinen unzweifelhaft den<br />

sowohl technischen als auch sozialen Erfordernissen des Postens am besten angepasst<br />

zu sein. Soweit er mit bestimmtem Takt agiert, wird der Chef als der Idealfall<br />

der Personen wahrgenommen, die man gern unter seinen Bekannten zählt. Er<br />

besitzt die Qualitäten, die der Vater und insbesondere der Ehemann nur in einem<br />

geringeren Maße besitzen und die man im Rahmen der Familie nur innerhalb der<br />

nächsten Generation erhoffen kann, und zwar auf der Basis von Arbeit und zähem<br />

Fleiß. Statt seine Untergebenen zu unterdrücken, zeigt er sich vielmehr geneigt,<br />

das Aufblühen ihrer »Persönlichkeit« zu bevorzugen.<br />

Im Gegensatz dazu scheint bei den aus den oberen Klassen hervorgegangenen<br />

Sekretärinnen die »Persönlichkeit« ein kostbares Gut zu bilden, das es gegen die<br />

Anmaßungen der Übergeordneten zu verteidigen gilt. Indem sie eine gewisse Distanz<br />

gegenüber einer Situation einnehmen, in welche sie nur in Folge eines biographischen<br />

Unfalls »gefallen« sind (Verwitwung, Scheidung, Bankrott etc.) oder<br />

in der sie sich nur vorübergehend befinden, achten diese Sekretärinnen stark auf<br />

Statussymbole und wahren einen bestimmten diplomatischen Ton, um das zu erreichen,<br />

was ihnen zuzukommen scheint.<br />

Die aus den Volksklassen stammenden Sekretärinnen (Töchter und/oder Ehefrauen<br />

von Arbeitern) bringen offenbar ihre »Persönlichkeit« nicht für die Berufslaufbahn<br />

ins Spiel; vielmehr bemühen sie sich, den Anmaßungen der Autorität des<br />

Chefs dadurch zu entgehen, dass sie eine strikte Grenze ziehen zwischen dem<br />

»Job« einerseits, den sie professionell erledigen, und dem privaten Leben andererseits,<br />

das sie als ihre ureigene Angelegenheit betrachten. Ihr Diskurs zeugt weniger<br />

von einer Bindung an den Chef denn von einer Beachtung der Eigenschaften<br />

der zu erfüllenden Arbeitsaufgabe. Der beste Posten ist derjenige, der die optimale<br />

Nutzung der psychischen Energie gestattet: Er zeichnet sich aus durch zureichende<br />

Intensität (statt ermüdender Inaktivität), stimulierende Vielseitigkeit (statt<br />

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