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Effi Böhlke<br />

Freiwillige Knechtschaft der Frauen?<br />

Vorspann<br />

Wenngleich ich nicht das Vergnügen hatte, mit Simone de Beauvoir persönlich<br />

bekannt gewesen zu sein, so hat sie mich doch seit meiner Kindheit begleitet.<br />

Wenn ich krank war und im Arbeitszimmer meines Vater auf der Couch lag, liebte<br />

ich es, mir die Titel auf den Rücken der Bücher anzuschauen, die auf seinen Regalen<br />

standen. Darunter war einer, der mich stets aufs neue verwunderte: »Das Blut<br />

der Anderen«. Ein merkwürdiger Titel. Später stieß ich auf einen anderen Titel,<br />

der mir ebenso seltsam anmutete: »Die Mandarins von Paris«.<br />

Während meines Philosophiestudiums an der Berliner Humboldt-Universität<br />

von 1981-1985 spielte Simone de Beauvoir praktisch keine Rolle. In den Vorlesungen<br />

und Seminaren an der Sektion Marxistisch-leninistische Philosophie<br />

kam sie nicht vor – abgesehen von Spezialveranstaltungen im Fach Ethik –, auch<br />

nicht in den recht umfassenden Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie. 1<br />

Doch in der sog. Wendezeit von 1989 ff. rückte auch sie in das Visier: Ich beschaffte<br />

mir die zweibändige Ausgabe von »Das andere Geschlecht«, eine Lizenzausgabe<br />

von Rowohlt bei Volk und Welt, die 1989 erschien, und verschlang es in<br />

einem Atemzug. In einer Vorlesungsreihe unter der Leitung von Michael Brie am<br />

neugegründeten »Institut für Zivilisationsforschung« überantworteten mir meine<br />

männlichen Kollegen das Thema »Liebe«; meine Ausführungen basierten zu einem<br />

großen Teil auf meiner Beschäftigung mit »Das andere Geschlecht«. Von<br />

1990 bis 1991 hatte ich das große Glück, als »Boursier du Gouvernement Français«<br />

zu einem Forschungsaufenthalt nach Paris gehen zu können. In einem<br />

Kurzaufriss eines Projekts für diesen Aufenthalt schrieb ich, dass ich mich dort<br />

mit modernen französischen Konzeptionen von Macht, Herrschaft und Gewalt beschäftigen<br />

wolle, insbesondere mit denjenigen von Bourdieu, Foucault, Touraine,<br />

Castoriadis und de Beauvoir. Und in Paris war – neben der gerade erschienenen<br />

»La noblesse d’État« von Bourdieu – eine Ausgabe von »Le sang des autres« bei<br />

Gallimard eines der ersten Bücher, die ich mir bei einem bouquiniste an der Seine<br />

beschaffte.<br />

1 Zum Umgang mit Beauvoir in der DDR vgl. Irene Selle: Publication et réception du Deuxième Sexe en RDA. In:<br />

Ingrid Galster (Hrsg.): Cinquante ans après Le Deuxième Sexe: Beauvoir en débats. Lendemains, 24. Jahrgang<br />

1999, Heft 94, S. 92-101.<br />

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