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Chronologie über einen sehr langen Zeitraum verfolgt, entgeht ihr Diskurs nicht<br />
vollständig der Idee einer sich im Laufe der Zeit verbessernden sozialen Lage der<br />
Frauen. 15 Der Bruch tritt insonderheit in der Zusammenfassung des Teils »Geschichte«<br />
ein, in dem die Autorin schreibt: »Aus einem umfassenden Rückblick<br />
auf diesen geschichtlichen Verlauf ergeben sich mehrere Schlussfolgerungen: die<br />
gesamte Geschichte der Frauen wurde von Männern gemacht.« 16<br />
Wenngleich sie die Hauptelemente der »traditionellen Entfaltung der Geschichte<br />
der Frauen« verwendet, bricht Simone de Beauvoir so mit einem Federstrich<br />
mit der von ihren Vorgängerinnen entwickelten Strategie der Darstellung.<br />
Historische Darstellung und Frage der »Unterlegenheit« der Frauen<br />
Das historiographische Herangehen vertieft das Verständnis des »epistemologischen<br />
Bruchs«, den »Das andere Geschlecht« darstellt. Auf dem Gebiet der Geschichte<br />
ist der Bruch um die Produktion der Idee/Vorstellung von der Unterlegenheit<br />
der Frauen zu verorten. Immer noch in der Zusammenfassung des Teils<br />
»Geschichte« schreibt Simone de Beauvoir, nachdem sie zwei berühmte Frauen,<br />
Rosa Luxemburg und Marie Curie, erwähnt hat: »Erst seit die Frauen angefangen<br />
haben, sich auf dieser Erde heimisch zu fühlen, konnte es eine Rosa Luxemburg,<br />
eine Marie Curie geben. Sie beweisen brillant, dass nicht die Unterlegenheit der<br />
Frauen ihre historische Bedeutungslosigkeit bedingt hat, sondern dass es ihre historische<br />
Bedeutungslosigkeit war, die sie zur Unterlegenheit verurteilt hat.« 17<br />
Die Autorin reagiert auf die Idee einer durch die Geschichte bewiesenen Unterlegenheit<br />
der Frauen. Die bestrittene Formulierung könnte folgendermaßen lauten:<br />
»Die unterlegene Natur der Frauen folgt aus der Feststellung (ist bewiesen<br />
durch) ihre(r) historische(n) Bedeutungslosigkeit.« Was hier in Frage steht, das ist<br />
die Darstellung der Geschichte und allgemeiner noch das historische Feld, ihre<br />
Rolle bei der Konstruktion der Idee von der Differenz der Geschlechter selbst<br />
noch vor der sozialen Realität. Diese historiographische Spannung verstärkt die<br />
Nähe zwischen »Das andere Geschlecht« und seinen Vorläufern. Auch die Autorinnen<br />
des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts waren bereits mit diesem Problem<br />
der angeblich durch die Geschichte bewiesenen Unterlegenheit der Frauen<br />
konfrontiert. In vielem war die im 19. Jahrhundert literarisch, laienhaft oder professionell<br />
produzierte Geschichte der Frauen durch diesen Kampf gegen eine Darstellung<br />
der Geschichte motiviert, die die Frauen als unterlegen definierte. Die ersten<br />
Historikerinnen der Frauen nahmen das Argument des »Beweises« auf, in-<br />
15 Ihr Diskurs ist nicht widerspruchsfrei. Sylvie Chaperon (1997) erklärt dies aus der persönlichen Suche im Umfeld<br />
der »Befreiung des Subjekts«; auch Geneviève Fraisse unterstreicht den widersprüchlichen Charakter des<br />
Teils »Geschichte«; vgl. Fraisse: 2008b, S. 94-95.<br />
16 Beauvoir: 2007, S. 179.<br />
17 Ebenda, S. 183.<br />
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