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Dieser Einstimmung schlossen sich drei Plenarvorträge an, wobei die ReferentInnen<br />
aus dem Geburtsland von Beauvoir, dem Gastgeberland der Konferenz<br />
sowie aus dem Land stammten, in dem sie zunächst am meisten rezipiert wurde –<br />
den USA. Den Reigen führte Yolanda Astarita Patterson an, ihrerseits emeritierte<br />
Professorin für French and Women Studies an der California State University,<br />
East Bay und Präsidentin der Simone de Beauvoir Society. Auf sehr persönliche<br />
Art und Weise ging die Amerikanerin auf die Reisetagebücher ein, die die Französin<br />
während ihres Aufenthalts in den USA im Jahre 1947 verfasst hatte und die<br />
später unter dem Titel »L’Amérique au jour le jour« veröffentlicht wurden. Spätestens<br />
mit diesen Tagebüchern, das wurde deutlich, entdeckte Beauvoir das Sujet<br />
der Reiseliteratur für sich, das für sie in späteren Jahren so wichtig werden sollte,<br />
und: Sie entdeckte für sich einen ganzen Kontinent, den es in seinen vielfältigen<br />
Facetten aufzuschließen galt. So beschrieb sie die Personen, denen sie auf der<br />
Straße begegnete, Begebenheiten, die ihr widerfuhren, aber auch die politischen<br />
Aspekte des Landes, das gerade durch den McCarthyismus geprägt war. Das Fazit<br />
von Patterson: Beauvoir hatte sich durch die Reise stark verändert. Ebenso stark<br />
vielleicht, wie sie später das geistige Leben des Landes mit beeinflussen sollte,<br />
und zwar durch die Publikation von »Das andere Geschlecht« zwei Jahre darauf,<br />
die insbesondere in den USA stark rezipiert wurde und die amerikanische Frauenforschung<br />
sehr deutlich geprägt hat.<br />
Im Anschluss daran sprach Ingrid Galster, Professorin an der Universität Paderborn,<br />
zu Genese, Theorie und Praxis des Engagements bei Sartre und Beauvoir.<br />
Woraus, so fragte die Referentin, resultierte die besondere Bedeutung des<br />
Begriffs »Engagement« bei den beiden, aber auch das starke praktische Engagement,<br />
das sie nach dem Krieg an den Tag legten, etwa während des Algerienkriegs,<br />
des Vietnamkriegs oder auch, was Beauvoir anbelangt, in der Bewegung<br />
für die Emanzipation der Frauen? Übliche Lesart, so Ingrid Galster, war es bislang,<br />
den Zweiten Weltkrieg als Ursache für die »Wende« im Leben der beiden<br />
vom Unpolitischen zum Politischen zu sehen. Der Krieg, so Sartre, habe sein Leben<br />
in zwei Teile geteilt; durch ihn sei er zum Sozialismus gekommen. Doch wie<br />
in verschiedenen ihrer Publikationen warf Ingrid Galster auch während ihres Vortrags<br />
die Frage auf, ob das spätere Engagement nicht vielmehr aus einem<br />
»schlechten Gewissen« resultiert, das beide plagte, weil sie sich nicht oder doch<br />
zumindest nicht ausreichend gegen die Judenverfolgung und in der Résistance engagiert<br />
hatten. Dafür hatten beide die real existierenden Sozialismen zu einem<br />
Zeitpunkt unterstützt, als diese bei der Mehrheit der Intellektuellen schon wieder<br />
out waren, und so zögen sie gewissermaßen eine Sündenbockfunktion auf sich.<br />
Gerade ein Vergleich Simone de Beauvoirs mit ihrer Namensvetterin, Simone<br />
Weil, so Galster in der anschließenden Diskussion, konturiere die politische Position<br />
Beauvoirs in den 30er und zu Beginn der 40er Jahre deutlich.<br />
An diesen Begriff des Engagements konnte Liliane Kandel, Mitherausgeberin<br />
der durch Sartre und Beauvoir gegründeten Zeitschrift »Les Temps Modernes«,<br />
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