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nicht sehen würde. Tod und Immanenz stehen in einem zweideutigen Verhältnis<br />
zu Transzendenz und Leben und haben in Beauvoirs Werk durchaus bemerkenswerte<br />
Verschiebungen und implizite Umdeutungen erfahren, die mit der Geschichte<br />
zu tun haben.<br />
In der philosophischen Geschlechterforschung ist genau das noch auszubuchstabieren.<br />
Alter und Altern als Situation<br />
Ich komme nochmal zusammenfassend auf den Situationsbegriff zurück: Was<br />
heißt Situation bei Beauvoir?<br />
Wie auch bei den anderen Existenzphilosophen Heidegger, Jaspers und Sartre<br />
ist für sie der heute weitgehend aus der philosophischen Diskussion verschwundene<br />
Begriff zentral. Er ist für sie ein kritischer Begriff, der untrennbar mit dem<br />
der Freiheit verbunden ist. Die Situation bezeichnet die äußeren Bedingtheiten eines<br />
Individuums wie Herkunft, Sprache, Erziehung, Ort und Umgebung, umgebende<br />
Dinge, die Beziehung zu Anderen, die Vergangenheit, also all das, wodurch<br />
die Realität des einzelnen Menschen, das konkrete In-der-Welt-Sein in der Zeit, in<br />
seiner Geschichte, als endliche Existenz, als sterblicher Körper, definiert und konstituiert<br />
wird. Die Mythen und Bilder, die die alten Menschen als die Anderen, als<br />
die Ausgegrenzten der bürgerlichen Gesellschaften zeigen, sind ebenso Bestandteil<br />
dieser Situation, zu der der Einzelne, die Einzelne sich verhalten muss, wie<br />
jene der Medizin, Naturwissenschaften, Anthropologie, Kunst, Medien mit ihrem<br />
Wissen, ihren Definitionen und Bewertungen vom Alter und von Altern, sowie die<br />
Familienstrukturen, die Institutionen, die Arbeitswelt und die Renten- und Sozialgesetzgebung,<br />
das Gesundheitssystem mitsamt den sich in allen Bereichen der<br />
Gesellschaft zeitigenden rasanten Veränderungen. Die unterschiedlichen Strukturen<br />
bzw. Dimensionen der Situation sind die Bedingung für die Freiheit der Existenz,<br />
die sich dazu verhalten muss und kann. Die Situation ist der konkrete<br />
»Spielraum des Wählens und Handelns«. 7 Freiheit ihrerseits ist die Bedingung der<br />
Möglichkeit der Situation, die nur im Sichverhalten der Existenz zu den Dingen,<br />
zu den Anderen als Grenzen der Freiheit aufscheinen und diese endlich und verletzlich<br />
machen kann. Die Existenz, die nur Freiheit ist, eben diese Freiheit des<br />
Verhaltens gegenüber den Strukturen der Situation, muss erstens im existenzialistischen<br />
Sinne als Wahlfreiheit gelesen werden. Sie ist die Bedingung der Kritik,<br />
z. B. der Ablehnung des Determinismus, der äußere Strukturen zu Natürlichem,<br />
zum Wesen (Essenz) der Existenz macht (in »Das andere Geschlecht« der Biologie,<br />
Psychologie usw.). Diese Freiheit ermöglicht Beauvoir ihrer sterbenden Mutter.<br />
Sie ist zweitens ebenfalls die Bedingung der konkreten Freiheit des engagier-<br />
7 Theda Rehbock: Situation. In: Urs Thurnherr, Anton Hügli (Hrsg.): Lexikon Existentialismus, Existenzphilosophie.<br />
Darmstadt 2007, S. 233.<br />
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