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Cornelia Hildebrandt<br />
Ehe versus Pakt<br />
Wie sieht Beauvoir die Ehe?<br />
»Von Frauen in einer weiblichen Welt erzogen, ist ihr übliches Schicksal die Ehe,<br />
die sie dem Mann praktisch noch immer unterordnet.« 1 Für ein junges Mädchen<br />
steht bei der Ehe, der Mutterschaft »das ganze Schicksal auf dem Spiel, und sobald<br />
es auch nur eine Ahnung von den damit verbundenen Geheimnissen bekommt,<br />
erscheint sein Körper ihm in hassenswerter Weise bedroht.« 2 »Denn die<br />
Ehe, das ist die größte Falle.« 3 Ehen werden nicht aus Liebe geschlossen. Es geht<br />
»[…] nicht um die Gewährleistung des individuellen Glücks von Mann und Frau,<br />
sondern um deren ökonomische und sexuelle Verbindung auf das kollektive Interesse<br />
hin zu transzendieren.« 4 Dabei besteht der »Fluch der Ehe« darin, dass sich<br />
Individuen nur all zu oft in ihrer Schwäche und nicht in ihrer Stärke zusammentun,<br />
dass jeder vom anderen etwas fordert, statt ihm etwas geben zu wollen. 5 Die<br />
Ehe ist ein Geschäft. Sie ist die »einzige Karriere der Frauen. Der Mann hat sechsunddreißig<br />
Chancen, die Frau nur eine einzige, die Null wie beim Roulette. 6 »Die<br />
Ehe ermutigt den Mann zu einem launischen Imperialismus.« 7<br />
Das Prinzip der Ehe ist obszön. Es verhandelt einen Austausch, der auf spontaner<br />
Hinwendung beruhen muss, in Rechte und Pflichten, von denen eine die Mutterschaft<br />
ist. Und die »Mutterschaft ist heute wahre Sklaverei.« 8 »Hinzu kommt die<br />
Mystifizierung der Mutter-Kind-Beziehung. Wenn die Leute dermaßen Wert auf Familie<br />
und Kinder legen, dann tun sie das, weil sie insgesamt in einer solchen Einsamkeit<br />
leben.« 9 Deshalb müsse das »Familien-Ghetto« gesprengt werden. 10<br />
Und: »Seit dem Aufkommen der höfischen Liebe ist es ein Gemeinplatz, dass<br />
die Ehe die Liebe tötet.« 11 Denn: »Der Zweck der Ehe ist nämlich in gewisser<br />
Weise, den Mann gegen seine Frau zu immunisieren. Ehe ist Knechtschaft. Ehe<br />
und Zeugungswille schützen vor den Verstrickungen der Erotik.« 12 Vor allem,<br />
1 Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht. Reinbek bei Hamburg 2008, S. 333.<br />
2 Ebenda, S. 369.<br />
3 Ebenda, S. 247.<br />
4 Ebenda, S. 527.<br />
5 Ebenda, S. 662.<br />
6 Ebenda, S. 424.<br />
7 Ebenda, S. 583.<br />
8 Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir heute. Gespräche aus zehn Jahren. Reinbek bei Hamburg 1988, S. 71.<br />
9 Ebenda, S. 74.<br />
10 Ebenda, S. 73.<br />
11 Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht, a. a. O., S. 246.<br />
12 Ebenda, S. 226.<br />
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