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zung zeugt. Die Analysen und Rezensionen sind von einer Zurückweisung des<br />
Existenzialismus und der gesamten durch ihn inspirierten Literatur beseelt. So<br />
verkörpern die Figuren für Antoine Goléa in der Tat »den Menschen, der die<br />
Liebe aus seinen Begriffen gestrichen hat […]. Sie stellen die Galerie der schon<br />
klassisch gewordenen Irrtümer unserer Existenzialisten dar«, eine Anspielung auf<br />
die unschwer erkennbaren Figuren von Sartre. 35 Man erkenne »den angehenden<br />
›Chef‹, den Führer-Anwärter« hinter dem »Inzestuösen, der das obligatorisch<br />
schmutzig-lüsterne Vokabular verwendet, das darauf abzielt, den Bourgeois aufzuregen<br />
und die jungen Abiturienten zu erregen, die heimlich lasterhaft und Anhänger<br />
von Herrn Sartre sind«, während er in dem Spiel von Olga Dominique<br />
»das perfekte Resümee einer aufgehenden Pflanze vom Boulevard St-Germain,<br />
die ewige Xavière von Fräulein de Beauvoir, die Inès von ›Huis-Clos‹« entdeckt.<br />
Der altruistische Appell von »Das Blut der anderen« lässt die gegen »Unnütze<br />
Mäuler« vorgebrachten Klagen in den Hintergrund treten, aber die Anleihe an die<br />
narrative Technik des amerikanischen Romans wird von vielen Kritikern betont.<br />
Zudem habe es den Anschein, als hätten sich die Figuren nicht gegenüber der<br />
Romanautorin durchsetzen können; Auguste Angles zufolge mangelt es ihnen an<br />
Lebendigkeit, sie erscheinen als »allegorische Helden« statt als »Figuren von<br />
Fleisch«. Dennoch schätzt Maurice Saillet die Autorin als »im vollen Besitz ihrer<br />
Mittel«. Sie verfüge über eine sichere Hand und stehe mit beiden Beinen in der<br />
Zeit, von der ihr Roman handelt, wodurch dieser den »Wert einer Bürgertat« erhält.<br />
Für Armand Hoog ein bewundernswerter Roman, besser noch, aber auch<br />
schwerer, schrecklicher, als »Sie kam und blieb«, »ein großes Buch«, das dem Leser<br />
einigen Mut abverlangt. 36<br />
Ungeachtet der entgegengesetzten Einschätzungen der drei Werke erwartet den<br />
Leser eine kleine Überraschung, nämlich die Anerkennung eines Stils bei einem<br />
Autoren, dem unaufhörlich zum Vorwurf gemacht wurde, keinen Stil zu haben!<br />
Viele Kritiker begrüßen einen »geschmeidigen, luziden, klaren« Stil, und<br />
Claude de Fréminville spricht von einem »bewundernswerten Stil, wo nichts<br />
hakt.« Jean Bassan hat die Ernsthaftigkeit der Probleme, die sie behandelt, und<br />
die Schönheit des Stils festgehalten, dessen Meriten er preist. 37 »Seine schlichte<br />
Noblesse, seine extreme Straffheit«, die »Verachtung der Verzierung, der Anekdote«<br />
könnten zu dem strengen Urteil einiger seiner Kollegen beigetragen haben.<br />
So viel Nüchternheit könne in der Tat zu einer allzu großen Trockenheit der Dialoge<br />
führen, und dennoch sind diese »Handlung, Kraft und Fülle«.<br />
Für Claude Roy, der es bedauert, fast überall den Einfluss des amerikanischen<br />
Romanschriftstellers zu finden, »erinnern diese kurzen, trockenen und boshaften<br />
Dialoge, diese falsche Nonchalance, diese sehr subtile Brutalität sofort an den Hemingway<br />
des ›Abschieds von den Waffen‹ und der ›Fiesta‹«. Das Leben dieser<br />
35 Fraternité, 7 novembre 1945.<br />
36 Carrefour, 28 septembre 1945.<br />
37 La Nef, mars 1946, S. 146-149.<br />
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