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führt wurde und dessen perverser Charakter sich durch die Tatsache offenbart,<br />

dass er ganz einfach keine Daseinsberechtigung hatte.<br />

Die Rolle der historischen Darstellung in der Definition von »Die Frau« wird<br />

durch die historische Arbeit um den »Ursprungsmoment« erhellt: Um gegen eine<br />

Naturalisierung der Unterlegenheit zu kämpfen, galt es, die historische Darstellung<br />

des Ursprungs anzugreifen.<br />

Das Problem des »Ursprungs« und der historiographische Bruch<br />

Dieser in dem der »Geschichte« gewidmeten zweiten Teil formulierte Bruch wird<br />

bereits in der Einführung zu diesem Teil vorbereitet – ja schon im ersten Teil (insbesondere<br />

in Abschnitt »III. Der Historische Materialismus«). Simone de Beauvoir<br />

steckt hier bereits die Wegzeichen ihrer Veranschaulichung der Dynamik von<br />

Immanenz/Transzendenz ab. Die beiden Termini kehren zu Beginn des Kapitels<br />

immer wieder. Dieses Herangehen erinnert an dasjenige anderer Autorinnen, die<br />

sich darum bemühten, in diesen dunklen Moment des allerersten Ursprungs der<br />

Menschheit etwas Licht zu bringen: Wie ein Subjekt »Frau« befreien, das sich offensichtlich<br />

in seiner Geschichte noch nie der Freiheit erfreuen konnte, das von<br />

Beginn an beherrscht worden war? Um die Frauen von einer naturalistischen<br />

Initialverdammung zu befreien, verlegten die Autorinnen die Begriffe von Freiheit<br />

und Identität bereits in den Ursprung und nutzten sie hinfort zur Darstellung<br />

der Geschichte der Frauen, die fortschreitet, da sie von der Verwirklichung dieser<br />

ursprünglichen Natur angetrieben wird.<br />

Der Bruch erwächst aus der notwendigen Lösung des Ursprungsproblems – es<br />

galt, den geschlossenen Moment des Ursprungs aufzubrechen. Im Zentrum des<br />

Problems steht die Vorstellung. Noch heute ist über diese fernen Zeiten wenig bekannt,<br />

v. a. über die sozio-sexuellen Beziehungen. 20 Die Vorstellungen, mit denen<br />

diese unbekannten Zeiten ausstaffiert wurden, entstammen dem 19. Jahrhundert.<br />

Die Historikerinnen der Frauen treffen nicht auf eine historische Realität, sondern<br />

auf sehr primitive Vorstellungen, in denen das hierarchische Verhältnis konstruiert<br />

und legitimiert wird. Neben biblischen Erzählungen ging die Entwicklung neuer<br />

Vorstellungen vom Ursprung im 19. Jahrhundert mit der Entwicklung des Studiums<br />

der Evolution der Menschheit insbesondere in der Paläoanthropologie einher.<br />

In dieser Dekoration untergebracht ist die Hierarchie der Geschlechter somit naturalisiert.<br />

Diese Vorstellungen bringen eine oftmals mit der Sexualität verknüpfte<br />

zwischengeschlechtliche Gewalt auf die Bühne, in welcher auch das Thema der<br />

20 Pascal Picq bemerkt, dass die Vorgeschichte stets den Rahmen für eine Aktivierung der Vorstellung einer »natürlichen«<br />

Hierarchie der Geschlechter bildet, insbesondere auch in jüngsten Fernsehserien (sie bezieht sich auf die<br />

französischen Serien »L’Odyssée de l’espèce« (Die Odysse der Art) und »Homo sapiens«, die eine starke mediale<br />

Verbreitung erfuhren, und sie vermerkt die Schwäche der wissenschaftlichen und feministischen Reaktionen<br />

auf diese Inszenierung sexistischer Klischees; vgl. Picq: 2006.<br />

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