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Isabelle Ernot<br />
Simone de Beauvoir und die Geschichte der Frauen:<br />
Eine Betrachtung von »Das andere Geschlecht«<br />
Philosophin, Historikerin, Psychologin, Soziologin – während sie »Das andere Geschlecht«<br />
verfasste, nahm Simone de Beauvoir diverse Identitäten an. Daher hat das<br />
Werk pluridisziplinäre Annäherungen hervorgerufen, insbesondere in der Periode<br />
zwischen dem 50. Jahrestag seines Erscheinens und dem 100. Geburtstag seiner Autorin<br />
(also zwischen 1999 und 2008). 1 Am zahlreichsten waren dabei die philosophischen<br />
und feministischen Studien, während sich die historischen Analysen v. a. für<br />
die Rezeption des Werks und seinen Kontext interessierten. 2 In jüngster Zeit haben<br />
sich ForscherInnen auf die Quellen konzentriert, die Simone de Beauvoir benutzen<br />
konnte. 3 Ziel des hier entwickelten historiographischen Herangehens ist es, diese<br />
Aufklärung der Wurzeln des Werks fortzusetzen, indem dasselbe in die Abstammungslinie<br />
einer im Wesentlichen literarischen Geschichte der Frauen hineingestellt<br />
wird, die während des 19. und zu Beginn des 20. Jh. verfasst wurde, und zwar außerhalb<br />
der institutionalisierten Geschichtswissenschaft, gewissermaßen laienhaft<br />
also. 4 Wenngleich das in erster Linie den zweiten Teil des ersten Bandes unter dem<br />
Titel »Geschichte« betrifft, so bezieht sich dies auf das gesamte Werk, ist doch die<br />
historische Dimension durchgängig präsent. In gleicher Weise ist der Platz zu hinterfragen,<br />
den die Geschichte im Laufe der Entfaltung der Argumentation einnimmt.<br />
Nach der Vorstellung eines Quellenbestands zur Geschichte der Frauen am<br />
Ende der 40er Jahre wird die Zugehörigkeit von »Das andere Geschlecht« zu einem<br />
Zweig älterer historischer Schriften erhellt. Die Annäherung an das Werk<br />
über das Problem der »historischen Repräsentation« gestattet schließlich eine Beleuchtung<br />
des »epistemologischen Bruchs«, den es darstellt. 5<br />
Die Geschichte der Frauen im Jahre 1949<br />
Ein gelehrtes Werk, ist »Das andere Geschlecht« zugleich ein Werk der Synthese,<br />
Frucht vielfältiger sich kreuzender Lektüren. Die Frage der zitierten Quellen, die<br />
im Verhältnis zu den von Simone de Beauvoir tatsächlich verwendeten gering<br />
1 Chaperon et Delphy: 2000; Galster: 1999, 2004a, 2004b, 2007; Les Temps Modernes: 2002, 2007.<br />
2 Gothlin: 2001 [1996]; Rodgers: 1998; Chaperon et Delphy: 2000; Chaperon: 2000.<br />
3 Galster: 2004 a.<br />
4 Ernot: 2004, 2007.<br />
5 Nach der Formulierung von Sylvie Chaperon: 1997, S. 138, aufgenommen durch Françoise Armengaud in Chaperon<br />
et Delphy: 2000.<br />
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