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Margaret Maruani<br />

Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Prekarität in Europa<br />

Mein Anliegen ist es, ein Panorama des Platzes der Frauen und Männer auf dem<br />

gegenwärtigen europäischen Arbeitsmarkt zu entwerfen. Dabei lasse ich mich von<br />

zwei Leitideen, zwei Leitlinien führen.<br />

Die erste handelt von den heuristischen Tugenden einer Lektüre der Arbeitswelt<br />

unter geschlechterspezifischem Aspekt.<br />

Lange, nur allzu lange, hat die Forschung auf der Basis einer impliziten und<br />

vereinfachten Aufteilung der Forschungsfelder funktioniert: der Arbeitsmarkt auf<br />

der einen Seite, die Geschlechterdifferenzen auf der anderen, weit davon entfernt,<br />

eben anderswo. Diesem schematischen »Anderswo« möchte ich den Rücken zukehren.<br />

Sich mit den Geschlechterlogiken zu befassen, die die Arbeitswelt durchziehen,<br />

heißt nicht, der Soziographie einer besonderen Kategorie von Arbeitskraft<br />

– der Frauen – zu verfallen, sondern sich der Mittel zu bedienen, die durch die<br />

Transformationen der berufstätigen Bevölkerung produzierten strukturellen Veränderungen<br />

zu markieren und die Soziologiken zu analysieren, die den Rekompositionen<br />

der Arbeitswelt unterliegen. In Sachen Berufstätigkeit und Beschäftigung,<br />

Arbeitslosigkeit und Prekarität, von Unterbeschäftigung und Überqualifikation, Flexibilität<br />

und Arbeitsteilung haben die Frauen nichts Spezifisches an sich. Sie sind<br />

vielmehr ein Symptom der Bewegungen, die den Arbeitsmarkt erschüttern. Sie offenbaren<br />

ganzheitliche Phänomene. Ihre Situation ist keine besondere, sondern besonders<br />

signifikant. Die Vertiefung der Analyse der Geschlechterdifferenzen auf<br />

dem Arbeitsmarkt führt nicht nur zur Akkumulation des Wissens über die weibliche<br />

Berufstätigkeit, sondern zu einem allgemeinen Fortschritt der Kenntnisse über die<br />

Arbeitswelt.<br />

Die zweite Leitidee hat Bezug auf die Zentralität der Arbeit.<br />

Der Platz der Frauen auf dem Arbeitsmarkt sagt nicht nur etwas über ihre berufliche<br />

Position aus: Die Frauenarbeit ist ein Indiz des Platzes, den die Frauen in<br />

den gegenwärtigen Gesellschaften einnehmen. Denn die Arbeit und die Beschäftigung<br />

der Frauen zu erörtern heißt, sich für ihren sozialen Status, ihre Position in<br />

der Gesellschaft zu interessieren. In diesem Sinne geht es beim Recht der Frauen<br />

auf Beschäftigung immer zugleich um Fragen ökonomischer und sozialer, politischer<br />

und ideologischer Natur, und es sind davon stets auch soziale Repräsentationen<br />

und Praktiken, Wirtschaftspolitik und Gesetzgebung, die Evolution auf dem<br />

Arbeitsmarkt wie auch die sozialen Geschlechterbeziehungen in der familiären<br />

Sphäre betroffen. Das ist einer der wichtigsten Leitfäden, um die Situation der<br />

Frauen zu studieren: Die Geschichte des Platzes der Frauen in der Gesellschaft ist,<br />

auf bestimmte Art und Weise, von ihrer realen und symbolischen Fähigkeit abzu-<br />

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