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Kritiken behalten den Beigeschmack einer Epoche bei, in welcher Sartre ein zugleich<br />
angebeteter und gehasster »Meisterdenker« war.<br />
Im Übrigen bringen die literarischen Neigungen Simone de Beauvoirs die Regeln<br />
des klassischen Romans durcheinander, wenn sie nämlich Metaphysik und<br />
eine Erzähltechnik einführt, die sie den amerikanischen Romanautoren entlehnt<br />
hat, was beides nicht aus Opportunität geschieht, sondern ihrer Bildung und ihrem<br />
Geschmack entspricht. Was die Trockenheit ihres Stils anbelangt, die ihr immer<br />
wieder vorgeworfen wird, so fällt diese mit der präzisen und gesammelten Art zusammen,<br />
in der sie ihre Gedanken äußert.<br />
Einige werfen Simone de Beauvoir vor, sich in eine tödliche Ideologie verirrt<br />
zu haben, den Existenzialismus, der ihrem Werk unterliegt. Mehrere Kritiker gehen<br />
bis dahin, ihr zu raten, den Existenzialismus zu vergessen, wenn sie schreibt,<br />
und einer sagt ihr sogar den Erfolg ihres Werkes voraus, sobald der Existenzialismus<br />
vergessen ist!<br />
Michèle Le Doeuff ihrerseits unterbreitet die Idee, Simone de Beauvoir habe<br />
sich, die Philosophie Sartre überlassend und auf ein eigenes philosophisches Werk<br />
verzichtend, den Anschauungen Sartres unterordnen und mit einem »doktrinären<br />
Rahmen« belasten müssen, mit dem sie letztlich nicht viel anfangen konnte, und<br />
dabei denjenigen aufgegeben, den sie sich selbst bei ihrer Hegel-Lektüre angeeignet<br />
hatte. 40 Würde das, was sie als »Beitritt« bezeichnet, auch diese »gehässige«<br />
Anhängerin einschließen, welche Simone de Beauvoir Zeit ihres Lebens verfolgt<br />
hatte? Die Debatte ist nicht beendet.<br />
Aus dem Franzöischen von Effi Böhlke<br />
40 Michèle Le Doeuff: Simone de Beauvoir: les ambiguïtés d’un ralliement. In: Le Magazine littéraire n° 320, avril<br />
1994, S. 58-61.<br />
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