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Und noch etwas ist bemerkenswert. Die Familie ist in westeuropäischen Gesellschaften<br />

nicht mehr die dominante Lebensform. Nur noch ein Drittel aller<br />

Haushalte sind Familienhaushalte. Das liegt zum einen an der geringeren Zahl geschlossener<br />

Ehen, zum anderen daran, dass die Familienzeit nicht mehr wie vor<br />

100 Jahren die Hälfte des Lebens, sondern nur noch ein Viertel der Lebenszeit<br />

umfasst. Auch vor diesem Hintergrund muss sich das Verhältnis von Ehe und Familie<br />

als generationenübergreifende Lebensgemeinschaft verändern. Damit aber<br />

muss sich ebenso das Selbstverständnis von Eltern- und Paarbeziehung und die<br />

Mutterrolle selbst verändern.<br />

Auch das Leben in Kommunen und Wohngemeinschaften ist längst nicht mehr<br />

ungewöhnlich und wird inzwischen oft eher aus finanziellen Gründen gewählt, als<br />

aus dem Wunsch nach alternativer Lebensweise. Kommunen und Wohngemeinschaften<br />

gehören inzwischen zur vielfältigen Normalität europäischer Gesellschaften.<br />

23 Prozent der Jugendlichen in Deutschland leben heute in alternativen<br />

Lebensformen. In Großbritannien und Frankreich wird fast jedes zweite Kind<br />

außerehelich geboren, in Schweden sogar mehr als die Hälfte der Kinder. 45<br />

Auch die Sexualität ist in europäischen Gesellschaften nicht mehr nur an die<br />

Institution der Ehe gebunden und darf bereits vor der Ehe praktiziert werden.<br />

Wie dünn jedoch gerade an dieser Stelle die Decke der Zivilisation ist, zeigt die<br />

Zahl der Ehrenmorde in Deutschland. Innerhalb der letzten zehn Jahre sind in der<br />

BRD 48 Menschen (36 Frauen und 12 Männer) durch so genannte Ehrenmorde<br />

ums Leben gekommen, 22 weitere überlebten die Angriffe. 2008 haben sich in<br />

Deutschland 197 Frauen und Mädchen bei der Menschenrechtsorganisation Terre<br />

des Femmes gemeldet, die von einer Zwangsehe oder Gewalt im Namen der<br />

»Ehre« bedroht oder betroffen waren. 378 versuchte oder zustande gekommene<br />

Zwangsverheiratungen sind 2007 in Berlin registriert worden. 46 D. h., die Vielfalt<br />

der oben skizzierten Wertvorstellungen und Lebensweisen, die freie Partnerwahl<br />

und das als Frau weitgehend selbst bestimmte Leben, gelten primär für westeuropäische<br />

Gesellschaften. Das Leben von Frauen in Regionen mit stark religiös geprägten<br />

oder fundamentalistischen Familientraditionen wird hier nicht beschrieben.<br />

Erinnert sei hier auch an die 140 Millionen Frauen, die an ihren Genitalien<br />

beschnitten wurden, und täglich kommen noch immer mehr als 8 000 Opfer<br />

hinzu. 20 000 von ihnen leben in Deutschland. 47<br />

45 Annelie Rüling, Karsten Kassner: Familienpolitik aus der Gleichstellungsperspektive. Ein europäischer Vergleich.<br />

Friedrich Ebert Stiftung. Berlin 2007, S. 28.<br />

46 http://www.taz.de/regional/berlin/aktuell/artikel/1/senat-entdeckt-die-zwangsehe, abgerufen am 5.3.2009.<br />

47 http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1268497.html, abgerufen am 5.3.2009.<br />

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